Stellungnahme beim Verfassungsgericht gegen die Klage des Hamburgischen Senats eingereicht
Am Mittwoch, den 03.06.2020, hat der Volksentscheid „Schuldenbremse streichen!“ beim Landesverfassungsgericht seine Stellungnahme gegen die Klage des Hamburgischen Senats vorgelegt. Der Senat hatte Ende April beim Verfassungsgericht einen Antrag gegen den Volksentscheid „Schuldenbremse streichen!“ gestellt mit der Begründung, diese Forderung sei verfassungswidrig. Darauf wird in der Stellungnahme erwidert: Der Antrag des Senats ist als unbegründet zurückzuweisen.
Im Sommer 2019 sind über 13.000 Hamburgerinnen und Hamburger in der ersten Stufe des Volksentscheids eingetreten für ein Ende der Politik mit der Schuldenbremse zugunsten massiver Investitionen in die öffentlichen Bereiche Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Soziales und Arbeit. Vor Beginn der zweiten Stufe, dem Volksbegehren, in der in drei Wochen ca. 65.000 Unterschriften gesammelt werden müssen, muss nun erst das Verfassungsgericht entscheiden.
Die Klage des Senats und die Stellungnahme des Volksentscheids sind auf der Kampagnenhomepage abrufbar: https://schluss-mit-austeritaet.de/gesetzestext
Wir stehen für (Hintergrund-)Gespräche mit Pressevertreter*innen gerne zur Verfügung, auch zur Vorbereitung der Berichterstattung zur Gerichtsverhandlung.
Elias Gläsner, Mitinitiator des Volksentscheids „Schuldenbremse streichen!“, aktiv in der Studierendenschaft der Uni Hamburg und in der LINKEN Hamburg, sagt dazu: „In der Stellungnahme, warum der Antrag des Hamburgischen Senats gegen den Volksentscheid „Schuldenbremse streichen!“ als unbegründet zurückgewiesen werden muss, machen wir deutlich, dass die Klage des Senats unbegründet und haltlos ist. Die Ausführungen des Senats zeigen dabei erneut, dass die Schuldenbremse ein antidemokratisches Mittel der Politik ist. Es ist ein Armutszeugnis, dass der Senat in der aktuellen Lage lieber vor das Verfassungsgericht zieht, als die Schuldenbremse jetzt aus der Landesverfassung zu streichen. Es werden jetzt massive Investitionen benötigt, ins Gesundheitswesen, in Bildung und Wissenschaft, in Kultur, in Arbeit, in die Daseinsvorsorge, in sozialen Wohnungsbau und in nachhaltige Klimapolitik, nicht nur zur Abmilderung der Krise, sondern zur Lösung und Prävention. Damit die Kosten der bisherigen Investitionen, die bei Weitem nicht ausreichen und noch viel stärker bei der Bevölkerung ankommen sollten, nicht wieder von der Bevölkerung getragen werden müssen, ist die Schuldenbremse jetzt zu streichen. Die derzeitige „Aussetzung“ der Schuldenbremse, besser die Anwendung der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse, ist keine Streichung. Im Gegenteil soll die Schuldentilgung auf die kommenden Jahre verteilt werden, was zu einer Verengung des öffentlichen Handlungsspielraums führen würde. Und die bisher nötigen Investitionen sind damit auch noch nicht getätigt. Vielmehr macht die aktuelle „Aussetzung“ der Schuldenbremse deutlich, wie unsinnig und schädlich die mit ihr einhergehende Geißelung der Allgemeinheit ist. Denn wäre in den zurückliegenden Jahren staatlich dauerhaft investiert worden, wären die akuten Herausforderungen nicht so belastend. Die Situation in Ländern wie Griechenland, Spanien und Italien zeigt das auf dramatische Weise. Das Streichen der Schuldenbremse gebieten der gesunde Menschenverstand, die ökonomische Vernunft und die internationale Humanität. Wir sind deswegen sehr zuversichtlich, dass zahlreiche Hamburgerinnen und Hamburger sich der Forderung nach dem Streichen der Schuldenbremse anschließen.“
Dazu ergänzt Svenja Horn, Mitinitiatorin des Volksentscheids „Schuldenbremse streichen!“, aktiv in der Studierendenschaft der Uni Hamburg und bei den GRÜNEN Hamburg: „Nicht der Volksentscheid „Schuldenbremse streichen!“ ist verfassungswidrig, sondern die Politik mit der Schuldenbremse verstößt gegen mehrere Verfassungsgebote, auch der Hamburgischen Landesverfassung. Denn die Hamburgische Landesverfassung hält fest, die politische Demokratie mit den Ideen der wirtschaftlichen Demokratie zu verbinden um die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichberechtigung zu verwirklichen. In den wachsenden Aktivitäten in der Bevölkerung für die humane Aufnahme von Geflüchteten, sowie unter dem Slogan „Black Lives Matter“ und für Solidarität statt Rassismus zeigt sich eine enorme Politisierung und Perspektivbildung. Wir sind nicht bereit, uns weiterhin als unmündige Bürgerinnen und Bürger, die zu ökonomischen Fragen und politischen Entscheidungen nichts beizutragen hätten, degradieren zu lassen. Vielmehr wird deutlich: Wir nehmen die Geschicke selber in die Hand. Die Streichung der Schuldenbremse bedeutet Ausbau der Demokratie und Teilhabe – kein Wunder, dass das dem Senat nicht passt. Aber ein politisches Vorhaben ist nicht verfassungswidrig, nur, weil es dem Senat nicht gefällt.“
Andreas Scheibner, Mitinitiator des Volksentscheids „Schuldenbremse streichen!“, aktiv in ver.di Hamburg, führt weiter aus: „Die Behauptung des Hamburgischen Senats, der Volksentscheid „Schuldenbremse streichen!“ sei irreführend, weisen wir strikt zurück. Vielmehr ist das Vorgehen des Senats politisch irreführend, weil es eine Alternative zur Politik der Schuldenbremse gibt: Staatliche Investitionen in die Daseinsvorsorge, in den Bau von Schulen, Straßen, Spielplätzen und Sozialwohnungen, in die Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie in eine öffentliche Infrastruktur stärken die Kaufkraft sowie die Demokratie, und verbessern die Lebensbedingungen der Bevölkerung. Der von den Gewerkschaften erkämpfte New Deal in den USA war die humane Antwort auf die Weltwirtschaftskrise 1929, im Unterschied zu den Staatshaushaltskürzungen von Reichskanzler Brüning in Deutschland. Daraus können wir für heute, in einer ähnlich tiefen Krise, viel lernen. Dafür organisieren wir als Volksentscheid verschiedene Diskussions- und Bildungsveranstaltungen sowie eine Plakatkampagne. So diskutieren am 23.06.2020 Peter Bofinger, ehemaliger Gewerkschaftsvertreter bei den „Wirtschaftsweisen“, Katja Karger, DGB-Vorsitzende Hamburg sowie ein Vertreter des Volksentscheids „Schuldenbremse streichen!“ um 19 Uhr im Zeise-Kino unter dem Titel „Wer zahlt für die Krise? Europäischer New Deal statt Schuldenbremse!“. Daran können 70 Personen unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes und Hygienemaßnahmen teilnehmen, für weitere Interessierte wird ein Livestream eingerichtet.“
Hier findet ihr die Presseinformation auch als pdf.