Hamburger Manifest gegen Austerität

Die Schuldenbremse abschaffen: Sozialer Fortschritt in globaler Solidarität

Ein politischer Kurswechsel ist notwendig. Erhebliche staatliche Investitionen und Ausgaben für öffentliche Aufgaben wie Soziales, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Infrastruktur sind dringend erforderlich. Sie können sofort durchgesetzt werden: Die vorhandenen Steuer(mehr)einnahmen sind entsprechend zu verwenden und die Steueransprüche gegenüber den Reichen und Superreichen müssen konsequent eingetrieben werden, und: dem politischen Gebot der „Schuldenbremse“ ist eine Absage zu erteilen. Sie ist ein Verbot staatlicher Kreditaufnahme und somit eine harte Absage an die öffentliche Gestaltungsmöglichkeit. Sie gilt hierzulande für den Bund seit 2016, für die Bundesländer ab 2020. De facto ist die Schuldenbremse eine weltweite Fortschrittsbremse. Darum gehört sie abgeschafft!

Die Schöpfer*Innen des Reichtums sind wir

Die Produktivität der menschlichen Arbeit ist bereits heute so groß, dass bspw. die weltweite jährliche Landwirtschaftsproduktion ausreichte, um 12,5 Milliarden Menschen gut ernähren zu können. Jedoch besitzt das reichste Prozent mehr Vermögenswerte als die restlichen 99 Prozent der Menschheit zusammen. In der BRD verfügen derzeit 1.100 Familien über ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes (= 1,07 Billionen Euro); die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt gerade mal ein Prozent des Vermögens.

Das gesellschaftliche Leben, sinnvolle Arbeit und Kultur könnten überall prosperieren. Aber der tagtäglich durch die Arbeit und das vielfältige soziale und kulturelle Engagement der Vielen erarbeitete materielle und geistige Reichtum dient immer weniger der Wohlfahrt und Entfaltung der ganzen Gesellschaft. Er verkommt zu obszönen Profiten und gesellschaftlicher Macht in den Händen Weniger.

Ein wesentlicher Grund dafür ist eine Politik, die die permanente Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von Unten nach Oben alltäglich organisiert. Dieser zynische Prozess raubt Menschen überall auf der Welt Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Dieses Verhältnis zu konservieren war und ist der politische Zweck der Schuldenbremse. Sie kann und muss daher abgeschafft werden: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Art. 1 GG) Verbesserung braucht soziale Bewegung!

Schluss mit dem „Ende der Geschichte“:

Eine bessere Welt ist möglich!

Menschenwürdige Lebensverhältnisse zu schaffen ist unsere gemeinsame Angelegenheit! Ein würdiges Leben für Jeden frei von Krieg, Armut und Hunger, gebührenfreie Bildung und gesellschaftliche Teilhabe für Alle, sinnvolle Arbeit in sozialer Sicherheit, eine Gesundheitsvorsorge und medizinische Versorgung, die nicht Profitzwecken untergeordnet ist, günstiger und komfortabler Wohnraum für Alle, öffentliche Theater und Museen als lebendige Kulturstätten, souveräne Wissenschaften für das Gemeinwohl, menschenzugewandte Verwaltungen und soziale Dienste, nachhaltige Mobilität, Energie- und Wasserversorgung für alle – dies ist weltweit längst möglich. Es ist kein Gnadenbrot, sondern eine Notwendigkeit für die ganze Menschheit.

Warum Austerität? – eine Einschränkung mit System

Als in der „Weltfinanzkrise“ 2008 mit staatlichen Mitteln in großem Maßstab international Banken „gerettet“ wurden, hat alle Welt gesehen: Geld ist genug da!

Die Politik von Lohnverzicht, Privatisierung öffentlichen Eigentums, der Deregulierung der (Finanz-)Wirtschaft, Steuererleichterungen für die Großkonzerne und verstärkter Arbeitsmarkt-Konkurrenz („Flexibilisierung“) entpuppten sich als das, was sie schon immer war: die schnöde Plünderung der Mehrheit zugunsten der Steigerung von Profiten und Bankenglück. Das propagierte Vertrauen in die „Selbstregulierung der Märkte“, den großen „Gesamtwohlmehrer“ Privatwirtschaft und den höheren Sinn des „Gürtel-enger-Schnallens“ verlor schlagartig jede Legitimationsgrundlage.

Weltweit treten seither immer mehr Menschen für eine solidarische Entwicklungswende und das sozial und kulturell menschenwürdige Leben für Alle ein.
Gegen diese positive Möglichkeit wird herrschenderseits die Mär vom „Ende der Geschichte“ zu retten versucht: Die systematische Entmündigung der Bevölkerung und die „Entsagungspolitik“ (Austerität) wurde dafür zum Verfassungsgebot erhoben – hierzulande: die „Schuldenbremse“. Sie basiert ideologisch auf einem System von Lügen, mit dem über das Hier und Jetzt hinausgehende soziale Ansprüche als gemeinwohlschädlich verunglimpft werden sollen. Eine dynamische Kultivierung des gesellschaftlichen Lebens ist hingegen dringend geboten und möglich. Der Wahrheit die Ehre!

Soziale Wohlentwicklung brauchen Alle

Wir stellen klar:

1. Staatsverschuldung ist nicht das Problem. Seit jeher ist es so gewesen, dass die Entwicklung des Allgemeinwohls ein höheres Produktivitätsniveau bedeutet. Die zum Anschub notwendig aufzubringenden Mittel werden doppelt und dreifach wieder erwirtschaftet. Der Staat ist zudem wirtschafts-, finanz- und geldpolitisch souverän, kann seine steuerlichen Einnahmen erhöhen und bei Bedarf (und steigender Produktivität) die Geldmenge steigern, sich also selbst finanzieren.

2. Staatsschulden sind nur dann ein Problem, wenn man die Macht der Banken, die bei hoher Kreditlast den Staat erpressen könnten, akzeptiert. Dagegen gilt: Die politische Souveränität des Staates über das Bankenwesen kann wiederhergestellt werden. Deregulierung der Finanzwirtschaft ist eine umkehrbare politische Fehlentscheidung gewesen. Auch Banken sind dem Grundgesetz und dem Allgemeinwohl verpflichtet. Auf Gewinne haben sie keinen Rechtsanspruch. Wenn sie den Staat bzw. das Allgemeinwohl gefährden, können sie enteignet werden (Art. 15 GG).

3. Die aktuell hohe Staatsverschuldung ist nicht einem überbordenden Sozialstaat geschuldet, sondern vor allem der Bankenrettung, den immensen Steuererleichterungen für Kapitaleigner in den letzten 20 Jahren und einem geschleiften Sozialstaat. Höhere Löhne, Investitionen in Bildung, Kultur, öffentliche soziale Infrastruktur und Sozialprogramme wie bspw. eine sanktionsfreie, einträgliche Grundsicherung (statt Hartz IV) und eine würdige Mindestrente für Alle bedeuten gleichzeitig produktivitätssteigernde Innovation, direktes Wachstum, gesteigerte Binnenkaufkraft und somit exponentiell ansteigende staatliche Steuereinnahmen – und zudem eine erhebliche Entspannung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Sie sind also nicht nur menschlich geboten und Verpflichtung des Staates (Art. 20 GG) sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

4. Eine aufgeklärte Bevölkerung weiß am besten darüber Bescheid, was gut für sie ist – nicht irgendwelche Technokraten, die zwischen Profiten und Allgemeinwohl nicht zu unterscheiden wissen oder gewillt sind und die mit Sozialkürzungspolitik das Fundament gesellschaftlicher Entwicklung untergraben.

Die Kultivierung höherer Ansprüche ist elementar für die Demokratie

Die Souveränität, über die gesellschaftliche Entwicklung kollektiv bestimmen zu können, ist die Grundlage einer demokratischen Gesellschaft. Mit der „Schuldenbremse“ wird der Allgemeinheit dieses fundamentale Recht abgesprochen – nicht nur in Griechenland. Solange die Entscheidungshoheit über die Verwendung öffentlicher Mittel den demokratischen Institutionen entzogen ist, begünstigt das „Politikverdrossenheit“, autoritären Ungeist und extremistische Konkurrenzideologie. Mit der Verwirklichung der Grund- und Menschenrechte und dem Grundgesetz hat diese Politik nichts zu tun. Die Abschaffung der Schuldenbremse ist eine Wiederherstellung von Demokratie. Diese bedarf kritischer, aufgeklärter, kultivierender, anspruchsvoller, solidarisch denkender und kooperativ verantwortlich engagierter Menschen. Nehmen wir die Geschichte in unsere Hand!

Verbesserungen brauchen Beginner*Innen!

Wir, Hamburgerinnen und Hamburger aus aller Welt, erklären daher: Eine bessere Welt ist möglich! Im Bewusstsein der internationalen Bedeutung unserer Stadt und ihrer Geschichte, unserer Arbeit, unseres Engagements und unserer Kämpfe, die diese Stadt sozial prosperieren lassen, treten wir hier und heute für eine erfreuliche Zukunft für Alle ein. Im Wissen um das verwandte Engagement von Menschen in aller Welt, mit denen wir in Solidarität verbunden sind, fordern wir die Hamburgische Bürgerschaft auf:

die Steuer(mehr)einnahmen umgehend für öffentliche Investitionen im Allgemeininteresse zu verwenden, die Steuern bei den Reichen konsequent einzutreiben, für die Erhöhung der Kapitalsteuern zu wirken und für diese Maßnahmen und Vorhaben mit Bündnispartner z.B. bei den Gewerkschaften zu kooperieren sowie sich mit anderen RegierungsvertreterInnen überregional und international zu verständigen,

sämtliche Regelungen zur Schuldenbremse und Schuldenstopp aus der Hamburgischen Landesverfassung zu streichen,

die gesetzliche Begrenzung der öffentlichen Ausgaben auf 0,88 % jährlich sofort aufzuheben, damit das Parlament die öffentlichen Ausgaben für Soziales, Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, Kultur, und Infrastruktur bedarfsgerecht erhöhen kann.

eine bundesweite Initiative für eine Wiederherstellung des Grundgesetzes ohne Schuldenbremse anzustoßen.

Unsere Freunde in der Welt, in Europa, in anderen Bundesländern und Kommunen rufen wir auf, es uns gleich zu tun! Kämpft mit uns für die Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz und allen europäischen Verträgen. Beenden wir die Austerität, für ein besseres Leben in Frieden, Würde und Wohlentwicklung, jetzt!

Hier findest du das Manifest auch als pdf zu downloaden.

We also have an english version.

 


Das Hamburger Manifest gegen Austerity wird unterstützt von:

  • AStA der HAW Hamburg,
  • AStA der Hochschule für Bildende Künste,
  • AG Wirtschaft, Haushalt und Finanzen der LINKEN Hamburg,
  • AK Plurale Ökonomik Hamburg
  • Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg,
  • Betriebsrat Jugendhilfe e.V.,
  • Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi),
  • Campusgrün Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen,
  • DIDF Jugend Hamburg,
  • DIE LINKE.SDS Bundesverband,
  • DIE LINKE Lüneburg,
  • Fachschaftsrat Soziale Arbeit der HAW,
  • Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) Uni Hamburg,
  • Forum Demokratische Linke 21 Regionalgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein,
  • GEW Hamburg,
  • Grüne Jugend Hamburg,
  • Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) Hamburg,
  • linksjugend solid Hamburg,
  • Studierendenparlament Uni Hamburg.

Wenn ihr, als Gruppe oder Organisation, das Manifest auch unterstützen wollt, schreibt eine E-Mail an: kontakt@schluss-mit-austeritaet.de