Das symbolträchtige Matthiae-Mahl, welches dieses Jahr am 22.02.2019 im Rathaus ausgerichtet wurde, steht für die Willfährigkeit der Politik gegenüber den Reichen und Mächtigen. Die staatliche Politik sollte sich stattdessen den Bedürfnissen und Interessen der Bevölkerung zuwenden, die den Reichtum erwirtschaftet und dafür eine für alle produktive Verwendung hat.
Mit der Kampagne „International solidarisch – Schluss mit Austerität!“ nehmen wir deshalb die Entwicklung in unsere Hände, und haben uns an der Kundgebung gegen das Matthiae-Mahl beteiligt. Unten stehend findet ihr unseren Flyer, den wir dort verteilt haben, und die von uns gehaltene Rede.
Solidarische Grüße
von den Aktiven der Kampagne
Rede auf der Kundgebung zum Matthiae-Mahl:
„Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.“
Liebe Mitstreiter, liebe Hamburgerinnen und Hamburger,
Heinrich Heine dichtete dies vor 175 Jahren. Das Grundverhältnis – der „faule Bauch verschlemmt“, was „fleißige Hände erwarben“ – besteht weiterhin. Das ist die ursprüngliche Krise unserer Gesellschaft.
Das Ausmaß der Ungleichheit, die so entsteht, ist schwer zu erfassen: Stellt euch vor, dieser Haufen Katzenstreu steht für jene 90 Prozent der HamburgerInnen, die jeweils weniger als 260 tsd. Euro Vermögen besitzen – viele haben nichts als Schulden.
Diese paar Krümel hier in dem Glas symbolisieren im selben Maßstab die reichsten 165 HamburgerInnen. Wir haben auch eine Lupe mitgebracht, damit ihr sie sehen könnt.
Nun hat sich etwas Sonderbares ereignet. Diese 165 Personen – Heine nennt sie „der faule Bauch“ – gelten heute gemeinhin als „Leistungsträger“, weshalb der Senat sie auch gerade beim Matthiaemahl beköstigt. Ihre „Leistung“ ist offiziell, mit 68 Mrd. € mehr als zweimal so viel Vermögen zu besitzen wie 90 % der Stadtbevölkerung zusammen.
Na, die können aber mächtig stolz sein!
Was hat das mit dem Reichtum auf sich? Er ist das Ergebnis der zum Teil gar nicht so ehrbaren internationalen Beziehungen unserer Stadt, täglich wird er ermöglicht und gemehrt durch unsere Arbeit, unser Engagement und unsere Kämpfe in den Betrieben und Behörden, Kranken- und Handelshäusern, Kitas und Galerien, Universitäten und Unternehmen.
Wir sind sehr für diesen Reichtum – denn wir produzieren ihn. Aber nicht zur privaten Bereicherung und Macht, sondern für das sinnvolle, gebildete, unbeschwerte, solidarische und schöpferische Leben aller Menschen.
Der Reichtum soll investiert werden! In Wohnungsbau und soziale Sicherung, in sanierte Schulen, Hochschulen und Straßen, in wertschätzende Arbeitsbedingungen in der Pflege, Bildung und Wissenschaft, in Arbeitszeitverkürzung im Öffentlichen Dienst und in vernünftige Gehälter, in Künste und Kultur. Es könnte sogar eine Entschädigung gezahlt werden, wenn der Staat sich bzw. uns die Krankenhäuser zurückholt.
Der Baustellen sind viele. Ein solidarisches, sozial verantwortliches und demokratisches Gemeinwesen braucht erhebliche Investitionen.
Dafür treten wir immer wieder ein. Das einzige Argument, das „die“ Politik dagegen hat, ist die „Schuldenbremse“. Sie verbietet dem Staat neue Kredite für soziale Prosperität aufzunehmen. Dieselbe Politik, die diese notwendigen und heilsamen Investitionen verweigert, feiert heute mit denen, die am meisten von unserer Arbeit, von staatlicher Infrastruktur und von Steuersenkungen und Privatisierungen profitieren.
Das macht sehr deutlich: Bei der „Schuldenbremse“ (international nennt man sie „Austerität“, was ungefähr „Entbehrung“ bedeutet) geht es nicht um ökonomische Vernunft, sondern darum, die Bevölkerung mit ihren Lebensinteressen kleinzuhalten und den Sozialstaat verkommen zu lassen. Deshalb wollen wir diese Politik beenden.
Wir rufen alle auf und laden alle ein:
Beteiligt Euch an der Kampagne „International solidarisch – Schluss mit Austerität“. Mit einem Volksentscheid wollen wir die Schuldenbremse kippen, damit die nötigen Investitionen in Soziales, Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Infrastruktur wieder möglich werden.
Wir meinen mit Heinrich Heine:
„Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“