Flugblatt, Veranstaltung

Soziale Öffnung durchsetzen – Wie schaffen wir den NC ab?

Dienstag, den 10. Juli 2018, um 18:30 Uhr
Raum S27, ehem. HWP (Von-Melle-Park 9):

Veranstaltung zum neuen Bundesverfassungsgerichtsurteil zum NC in der Medizin – Wie gelingt die Durchsetzung von ausreichend BA&MA-Plätzen in allen Studienfächern? Diskussion mit Wilhelm Achelpöhler (Experte für Zulassungsrecht und Anwalt der vor dem Verfassungsgericht klagenden Studierenden)


Obwohl in einem durch Kürzungen und Einsparungen entstellten Gesundheitssystem Versorgungsengpässe und oberflächliche Behandlungen an der Tagesordnung sind, können im Studienfach der Medizin von derzeit jährlich etwa 62.000 Bewerber*innen lediglich 11.000 studieren. Die für alle Studienfächer geltende Selektion durch den Numerus Clausus (NC) ist hier also besonders zugespitzt – aber nicht nur in der Medizin ein Problem.

Monatelange Wartezeiten und unterbesetzte Krankenhäuser zeigen: der gesellschaftliche (Mehr-) Bedarf an Menschen mit Medizinstudium ist hoch. Doch anstatt den Bereich der medizinischen Versorgung zur besseren Gesundheit aller auszubauen, stehen auch hier Gewinninteressen über dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art.2 GG). Dagegen ist ein Gesundheitssystem notwendig, das Gesundheit im Sinne der Verfassung der WHO als einen Zustand „völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“ versteht und für alle durchsetzt. Dafür braucht es neben einem öffentlich-demokratischen, an menschlichen Bedürfnissen orientierten Gesundheitssystem auch eine an gesellschaftlichen Bedarfen orientierte Anzahl von Medizinstudienplätzen sowie ein Studium, das neben einer inhaltlich-fachlichen Ausbildung vor allem Grundlage einer humanistischen Persönlichkeitsbildung ist. Dies gilt ebenso für alle anderen Studienfächer: Ein bundesweiter Lehrkräftemangel geht mit einer prekären Zulassungssituation in den Lehramtsstudiengängen (insbesondere im Master) einher und steht damit den wachsenden gesellschaftlichen Bedarfen entgegen. Auch hier ist ein massiver Studienplatzausbau notwendig, um gesellschaftlichen Forderungen nach Bildung zu mündigen Persönlichkeiten für alle (Inklusion) gerecht zu werden.

Der jedoch stattdessen bestehende Mangel an Studienplätzen bedeutet ständigen Wettbewerb um den nächsten Seminar- oder Masterplatz, setzt auf Egoismus und Konkurrenz unter den Studierenden und versucht Konformität und Anpassung zu erzwingen. Davon lassen wir uns nicht abhalten, kooperativ zu studieren und uns gleichzeitig auch für entsprechende Studienbedingungen und ein Studium als solidarische Analyse und Lösung von drängenden gesellschaftlichen Fragestellungen einzusetzen. Hierfür ist ein Zugang zum je gewählten Studienfach (im Master wie im Bachelor) und die Realisierung des Rechts auf freie Wahl der Ausbildungsstätte (Art. 12 GG) für alle notwendige Grundlage.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem neuen Urteil zum Numerus Clausus in der Medizin vom 19.12.2017 (erneut) bestätigt, dass das Auswahlverfahren durch den NC dieses Grundrecht verletzt. Der NC war als Übergangslösung im Zuge der durch die 68er erkämpften Öffnung der Hochschulen eingeführt worden, damit der notwendige Ausbau der Kapazitäten erfolgen konnte. Dass jedoch heute – 50 Jahre später – immer noch Menschen von der für ein demokratisches, ziviles und soziales Gemeinwesen notwendigen Höherbildung ausgeschlossen werden, ist eine politisch hergestellte Mangelverwaltung, die aktuell durch Orientierung am vermeintlichen Sachzwang der Schuldenbremse durchgesetzt wird. Gemessen an der heutigen Produktivität und dem gesamtgesellschaftlichen Reichtum sind eine ausfinanzierte Universität und ausreichend Studienplätze für alle nicht nur notwendig im Sinne der allgemeinwohlorientierten Gestaltung der Welt, sondern auch möglich.

In diesem Zusammenhang beleuchten wir gemeinsam mit Wilhelm Achelpöhler (Experte für Zulassungsrecht und Anwalt der vor dem Verfassungsgericht klagenden Studierenden) die Genese des NC als politisch hergestellte Mangelverwaltung und die daraus resultierende Einschränkung des Grundrechts auf Bildung. Welche Auswirkungen hat das neue Verfassungsgerichtsurteil auf die Studienplatzvergabe am UKE und welche Ableitungen lassen sich für andere ebenfalls zulassungsbeschränkte Studiengänge treffen? Wie kann man im Kampf für den Zugang zu Bildung für alle und eine nach gesellschaftlichen Bedarfen finanzierte Universität auf das Urteil aufbauen?

Hier findet ihr den Flyer auch als pdf

 

Eine Veranstaltung am Dienstag, den 10. Juli 2018, um 18:30 Uhr
Raum S27, ehem. HWP (Von-Melle-Park 9)

Veranstalter: FSR Erziehungswissenschaft, Kritische Mediziner:innen