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Filmseminar: Früchte des Zorns
11. November 2020 @ 18:00 - 22:00
(Spielfilm | Regie: J. Ford | USA 1940 | 128 Min. | deu)
Die Veranstaltung findet am Mittwoch, den 11. November 2020 statt und beginnt um 18 Uhr im Abaton Kino (Allende-Platz 3). Im Anschluss wird es wie immer Gelegenheit zur Diskussion geben. Das Filmseminar gegen Austerität wird als studentisches Seminar organisiert. Zur Teilnahme bitten wir um eine kurze Anmeldung per Mail an kontakt@schluss-mit-austeritaet.de.
Als John Steinbeck in den 1930er Jahren die Vorbereitungen seines epochalen Romans „Früchte des Zorns“ begann, notierte er: „Ich will ein Schandmal erschaffen für die geizigen Bastarde, die für das hier [die Große Depression und ihre Folgen] verantwortlich sind.“ Sein mit biblischen Motiven durchwobenes Werk ist ein literarisches Monument an die Humanität und Solidarität der Entrechteten und Unterdrückten, die in der schwersten Krise der Menschheit um das nackte Überleben, um Arbeit, Brot und Würde kämpfen.
Das Schicksal der Familie Joad ist dabei Legion. Eine Naturkatastrophe, die wiederkehrenden Sandstürme in Oklahoma im Mittleren Westen der USA, bieten den willkommenen Anlass für die großen, um ihre Profite fürchtenden Landwirtschaftsbanken, die mittellosen Bauernfamilien von ihren spärlichen, jahrhundertelang bewirtschafteten Gütern zu vertreiben. Ihrer Existenzgrundlage beraubt machen sich die „Okies“ auf den beschwerlichen Weg Richtung Kalifornien, wo ihnen Auskommen in Saisonarbeit und ein besseres Leben versprochen ist. Jedoch auch dort ist die Krise allgegenwärtig. Die zu Tausenden Arbeitsuchenden werden in Lager gepfercht, von Einheimischen und Polizei brutal misshandelt und als Streikbrecher zum Drücken der Löhne missbraucht und ausgebeutet. Bei einem Streikversuch wird der vom Glauben abgefallene Wanderprediger Casy ermordet. Seine humanistischen Überzeugungen fallen jedoch bei Tom Joad, dem Sohn der Familie, auf fruchtbaren Boden. Im felsenfesten Glauben, dass der Mensch für ein besseres Leben geschaffen ist und dass die Werktätigen die Früchte ihrer Arbeit verdienen, wächst mit der Aussichtslosigkeit der Lage sein Kampfesmut und der Wille zu verstehen, was zu tun ist, damit es besser werden kann.
Die kongeniale Verfilmung mit einem tief beeindruckenden Henry Fonda als Tom Joad erschien ein Jahr nach Veröffentlichung des Romans und steht ihm in der eindringlichen sozialkritischen Schilderung des Elends und in der überzeugenden, atmosphärischen Erzähldichte ins Nichts nach. Sie nimmt gleichwohl einen zuversichtlicheren Ausgang, mit dem John Steinbeck sich jedoch vollends einverstanden zeigte, indem sie in ein flammendes Plädoyer für die von Franklin D. Roosevelt angestoßene Politik des „New Deal“ mündet. Mit staatlichen Milliarden-Investitionen in Bildungs- und Beschäftigungsprogramme, in Schul-, Straßen-, Krankenhaus- und Infrastrukturausbau, in die Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft, mit der strikten Regulierung der großen Banken- und Industriegeschäfte und der massiven Stärkung von Mitbestimmung, Arbeitsrechten und der gewerkschaftlichen Organisierung gelang Millionen Amerikanern der Weg aus dem sozialen Elend. So wurde nicht nur der Grundstein für die weitere wirtschaftliche Prosperität des Landes gelegt, sondern auch der Eintritt in die Anti-Hitler-Koalition zur Befreiung vom deutschen Faschismus ermöglicht. Diese grundlegende Richtungsentscheidung steht in globaler Dringlichkeit erneut auf der Tagesordnung.
Im biblischen Bild kündet das Ernten und Keltern der Früchte des Zorns vom Jüngsten Gericht und der nahenden Erlösung vom Bösen. Säkular und weniger blutrünstig gesprochen mag jedoch in vergleichbarer Tragweite zutreffen: Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun.
Es ist an der Zeit. Insofern: International solidarisch – Schluss mit Austerität!
„Wo immer hungernde Menschen um ihr täglich‘ Brot kämpfen, ich werde da sein. Wo immer ein Polizist einen Mann schlägt, ich werde da sein. Wo immer einer aufschreit in seinem Zorn, ich werde da sein. Und ich werde in der Freude der Kinder sein, die Hunger haben und satt werden. Ich werde da sein, wenn die Menschen ernten, was sie gesät haben. Wenn sie in den Häusern leben, die sie gebaut haben – ich werde da sein.“
John Steinbeck, „Früchte des Zorns“, Kapitel 28, 1939.
Hier findet ihr den Flyer auch als pdf.