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The Take – Die Übernahme
30. Oktober 2019 @ 20:00 - 23:30
(Doku | Regie: A. Lewis/N. Klein | CAN/ARG 2004 | 90 Min. | OmU)
Es gibt Geschichten, die eine unwiderstehliche Erkenntniswirkung entfalten können, weil sie in scheinbar kleinen Begebenheiten Wesentliches von universeller Bedeutung veranschaulichen. Die Geschichte der Forja San Martin, einer kleinen Metallschmiedefabrik am Rande von Buenos Aires, ist eine solche.
Was ist die Alternative zum Neoliberalismus – dem seit 30 Jahren weltweit dominanten Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das das menschheitliche Leben den Prinzipien von Konkurrenz, Markt und Eigenverantwortung und dem gnadenlosen Profitstreben des großen Kapitals untergeordnet und die Zivilisation in eine fundamentale Krise gestürzt hat?
Diese Frage führt die beiden kanadischen Globalisierungskritiker und Filmemacher, Naomi Klein und Avi Lewis, nach Argentinien – dem Land, dessen Bevölkerung 2001 dem neoliberalen Modell eine seiner ersten historischen Niederlagen beibrachte. Zu Millionen gingen die Argentinier*innen im „Cacerolazo“ (Marsch der leeren Töpfe) auf die Straßen, verjagten einen kapitalhörigen Präsidenten nach dem nächsten und setzten gegenüber den internationalen Gläubigern und dem IWF einen kalten Schuldenschnitt durch. Dabei entstand auch die „Bewegung der zurückgeholten Fabriken“.
Üblicherweise bedeuten Werksschließungen und Massenentlassungen durch profitgierige Eigentümer meist das Ende einer Geschichte und hinterlassen ganze Landstriche in Elend – z.B. im Osten nach der Übernahme der Treuhand, im deindustrialisierten „Rust Belt“ der USA oder bei dichtgemachten Billiglohnfabriken im globalen Süden. Die argentinischen Arbeiter*innen jedoch begannen, ihre insolventen Betriebe zu besetzen, um die Produktion unter eigener Leitung wieder aufzunehmen.
„Ocupar – Resistir – Producir“ (Besetzen – Widerstehen – Produzieren) ist das Leitmotiv von mittlerweile über 200 so besetzten Betrieben unterschiedlichster Branchen, deren beispielgebender Kampf im Film auf beeindruckende Weise porträtiert wird. Sie zeigen, dass die demokratische, egalitäre, kooperativ organisierte Verwaltung von Produktion und Distribution in allen Belangen – menschlich, sozial, kulturell, politisch und ökonomisch – besser gelingt, als unter privater Eigentümerschaft. Der Weg dorthin ist gleichwohl auf allen Ebenen gepflastert mit dem vereinigten Widerstand der alten Ordnungsmächte, die dabei weder ungeschickt noch besonders rücksichtsvoll vorgehen.
Der Sinn dieses Kampfes jedoch, die Schaffung eines besseren Lebens für alle, die Wiedererlangung der Würde, die Rückgewinnung der Verfügung über die eigenen, gemeinsamen Geschicke, die Entdeckung und Entfaltung der unbesiegbaren Kraft grenzenüberschreitender Solidarität und das schier endlose Lernen in den für alle Welt gewonnen Erfahrungen dieses Kampfes lassen die Arbeiter*innen über sich hinaus wachsen. Einer Köchin, die den Staat lenken kann, vermag kein noch so großer Gegner, das Wasser zu reichen. Die Freude des allumfassend guten Lebens ist eine materielle Tat-Sache schon im Wege seines Erringens. Das ist die Alternative. Schluss mit Austerität heißt Schluss mit der Enge und: Beginn mit der Geschichte!
„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“
Slogan der Pariser Studentenbewegung 1968, zugeschrieben Ernesto „Che“ Guevara.
Hier findet ihr den Flyer auch als pdf.