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Filmseminar: The Corporation
8. Februar 2023 @ 20:00 - 23:30
(Doku | Regie: M. Achbar/J. Abbott | CAN 2003 | 144 Min. | OmU)
– Beginn ab 20 Uhr –
Während die Militarisierung der Außenpolitik und die damit einhergehenden Preissteigerungen den Erhalt (und Ausbau) allgemeinwohlorientierter Einrichtungen (Bildung, Kultur, Gesundheit), der sozialen Daseinsvorsorge sowie der öffentlichen Infrastruktur massiv gefährden und Millionen Menschen in existenzielle Nöte treiben, verbuchen die 40 DAX-Konzerne historische Rekordgewinne und machen aus dem nicht-erklärten Krieg und der globalen Klima-, Energie- und Ernährungskrise das Geschäft ihres Lebens.
Was also haben Großkonzerne, was andere nicht haben? Wie konnten transnational agierende Kapitalgesellschaften einen solchen Einfluss erlangen, dass ihr ungezügeltes Profitstreben Politik, Wirtschaft, Alltagsbewusstsein sowie soziale und natürliche Lebensbedingungen der Menschheit auf zunehmend zerstörerische Weise bestimmt und was ist dagegen zu tun?
Diesen Fragen sind das kanadische Filmemacherteam und der Rechtswissenschaftler Joel Bakan 2003 in ihrer eindrucksvollen Dokumentation „The Corporation“ auf den Grund gegangen.
Ausgangspunkt ihrer historisch-kritischen Betrachtung, in deren Verlauf sowohl namhafte kapitalismuskritische Intellektuelle wie Noam Chomsky, Naomi Klein, Michael Moore, Vandana Shiva und Howard Zinn zu Wort kommen als auch erklärte Verfechter:innen des „freien Markts“ wie Milton Friedman u.a., bildet die These, dass bereits im 19. Jahrhundert mit der rechtlichen Anerkennung der bis dahin staatlich strikt regulierten Aktiengesellschaften als juristische „Personen“ eine fundamentale Ungleichheit unter dem Banner der „Freiheit“ manifestiert wurde, die sich bis heute negativ auswirkt.
Da seither Konzerne, die ihrem Wesen nach ausschließlich dem Profit ihrer anonymen Aktionäre verpflichtet sind, dennoch die gleichen Rechte genießen wie Personen, analysieren die Filmemacher das Verhalten zahlreicher US-Großkonzerne nach den Kriterien gängiger psychologischer Standards. Unter Einbeziehung vielzahliger, belegter Beispiele rundum schädlicher Konzernpraktiken kommen sie dabei zu dem kaum verwunderlichen Schluss, dass das gesellschaftliche Verhalten großer Konzerne dem von „Psychopathen“ einwandfrei entspricht.
Die herangezogenen Beispiele bilden jedoch weniger eine Projektionsfläche für plumpe Pathologisierungen, sondern vielmehr ein aufklärerisches Panoptikum über den strukturell demokratiefeindlichen Inhalt einer gesellschaftlichen Institution, die noch immer das identifikatorische Rückgrat der sog. „freien Welt“ bildet. Dabei ist insbesondere die Rolle großer Konzerne bei gewaltsamen Umstürzen demokratisch gewählter Regierungen, bei der Anzettelung von Kriegen und bei der Beförderung des deutschen Faschismus bis hin zum Holocaust ebenso beredt wie die gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung und Bewusstseinsbildung über Medien, Werbung und Lobbyismus.
Aufklärerisch im besten, hochaktuellen Sinne wirkt der Film auch deswegen, weil er die analytische Kritik um eine klare, „therapeutische“ Perspektive ergänzt: Konzerne können zur Rechenschaft gezogen und enteignet werden. Die weltweit engagiert geführten Kämpfe der Zivilgesellschaft für eine menschenwürdige Welt sind zahlreich, wachsen stetig und geben Beispiele dafür, dass es möglich ist, die konzentrierte Macht der Wenigen über die Vielen zu brechen. Die persönlich realisierte Bedeutung für eine gesellschaftlich-humane Entwicklung im – global assoziierten Verbund mit Seinesgleichen – ermöglicht, die tatsächlichen Probleme der Zivilisationsentwicklung nachhaltig zu lösen.
Die Pathologie des Profitprinzips ist heilbar.
Darum: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.
„Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein.“
Karl Marx, „Zur Kritik der politischen Ökonomie“, MEW Bd. 13, S. 9, 1859.