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Herr Puntila und sein Knecht Matti
27. November 2019 @ 20:00 - 23:30
(Theater-Aufnahme | Regie: P. Kupke | DDR 1979 | 145 Min. | deu)
„Herr Puntila und sein Knecht Matti“
Ein Stück von Bertolt Brecht, Theater-Aufnahme des DDR-Fernsehens im Berliner Ensemble, Regie: Peter Kupke (1979)
„Das Volksstück“, bemerkt Bertolt Brecht 1940 in seinen „Schriften zum Theater“, „ist für gewöhnlich krudes und anspruchsloses Theater, und die gelehrte Ästhetik schweigt es tot oder behandelt es herablassend. Im letzteren Fall wünscht sie es sich nicht anders, als es ist, so wie gewisse Regimes sich ihr Volk wünschen: krud und anspruchslos.“
Das Ziel, das der vor Faschismus und Weltkrieg ins finnische Exil geflohene Brecht mit dem zur selben Zeit verfassten Komödienstück über das Verhältnis von Herr und Knecht verfolgt, ist die Schaffung einer neuen, revolutionären Form eines gleichsam wirklichkeitsnahen wie poetischen, eines ebenso unterhaltsamen wie aufklärerischen Theaters für die breite Masse, die sich zu bilden und ihre Ansprüche zu kultivieren wissen muss, um sich von der Ausbeutung befreien zu können.
Die Bühne ist ihm das ideale Mittel dieser Umwälzung: „Die Kunst vermag das Häßliche des Häßlichen in schöner Weise, das Unedle des Unedlen in edler Weise darzustellen, denn die Künstler können ja auch das Ungraziöse in graziöser, das Schwache in kraftvoller Weise darstellen. Die Gegenstände der Komödie, die das >gemeine Leben< schildert, entziehen sich durchaus nicht der Veredelung. Das Theater hat die delikate Farbe, die angenehme und bedeutende Gruppierung, die originelle Gestik, kurz den Stil zur Verfügung, es hat Humor, Phantasie und Weisheit, um das Häßliche zu meistern.“
1948 wird „Puntila und Matti“ in Zürich uraufgeführt und schließlich in Ost und West zum großen Publikumserfolg. In der gerade gegründeten DDR, dem Land mit der später höchsten Theaterdichte weltweit, wo Brecht ab 1949 mit dem Berliner Ensemble eine eigene Spielstätte erhält, wird es zum meistgespielten Theaterstück überhaupt.
Die Handlung des Stücks, die immer wieder durch die Moritaten der Köchin des Puntila-Hofes kommentiert wird, ist in das Finnland einer früheren Zeit verlagert. Der Gutsbesitzer Puntila stellt den Typus des klassischen Ausbeuters dar, dessen Funktion er jedoch nur in nüchternem Zustand voll ausübt. Wenn er betrunken ist, was der Normalfall bei ihm ist, hat er vertrauenserweckende, geradezu allzu menschliche Züge, ist großzügig gegenüber seinem Personal und sieht sich gar als Kommunist. Matti, sein Chauffeur, erträgt seine Launen und spielt mit, wenngleich er ihn durchschaut. Puntila will Matti sogar mit seiner eigenwilligen Tochter verheiraten, die Matti ebenfalls viel lieber mag als ihren Verlobten, den adligen und hochverschuldeten Attaché. Als Puntila ihm in trunkenster Rührseligkeit auch noch die Hälfte seiner Wälder schenken will, verlässt Matti schließlich den Hof, wissend, was ihm bei der nächsten Nüchternheit droht.
Und die Moral von der Geschicht‘? Der Herr bleibt Herr, ob gut ob schlecht, nur durch das Zutun des Herrn Knecht. Doch bleibt der Knecht ein Knecht dann nicht, wenn er durchschaut die ganze Schmiere schlicht.
„Man kann über ernste Dinge heiter und ernst sprechen, über heitere Dinge heiter und ernst. Für Leute ohne Humor ist es im allgemeinen schwerer, die Große Methode zu begreifen.“ (B. Brecht, „Me-ti. Buch der Wendungen“, um 1939)
In diesem Sinne: Schluss mit der Enge. Schluss mit Austerität!
„Der Freundschaftsbund konnt freilich nicht bestehen
Der Rausch verfliegt. Der Alltag fragt: Wer wen?
Und wenn man sich auch eine Zähr [Träne] abwischt
Weil sich das Wasser mit dem Öl nicht mischt
Es hilft nichts, und ´s ist schade um die Zähren:
´s wird Zeit, daß deine Knechte dir den Rücken kehren.
Den guten Herrn, den finden sie geschwind
Wenn sie erst ihre eignen Herren sind.“
Schlussatz des Matti (12. Bild), Bertolt Brecht: „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, entstanden 1940/41.
Hier findet ihr den Flyer auch als pdf