
Filmseminar: The tank and the olive tree
April 23 @ 20:00 - 23:30
(Doku | Regie: Roland Nurier | F 2019 | 101 Min. | OmU)
Frieden und Abrüstung sind spätestens seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki im Jahre 1945 zur gewichtigsten Voraussetzung für die gedeihliche Entwicklung der Menschheit geworden. Mit dem strikten Gebot zur zivilen Konfliktlösung, dem souveränen Selbstbestimmungsrecht der Völker und den universell und unteilbar für alle Menschen gleichermaßen geltenden politischen, sozialen und kulturellen Rechten sind in den Gründungsstatuten der Vereinten Nationen verbindliche Grundlagen für die Realisierung dieses Erfordernisses geschaffen. Sie bilden die zu verwirklichende Konsequenz aus zwei von deutschem Boden ausgegangenen Weltkriegen und dem damit verbundenen, systematischen Massenmord an einer ganzen Bevölkerungsgruppe, den europäischen Jüdinnen und Juden.
Zugunsten einer besinnungslosen Remilitarisierung der internationalen Beziehungen und damit auch der bundesdeutschen Gesellschaft werden diese Schlussfolgerungen jedoch zunehmend bestritten bzw. instrumentell pervertiert.
Das zeigt sich insbesondere im regierungsamtlichen, öffentlichen und medialen Umgang mit dem Nahostkonflikt. Aus rüstungsindustriellen, geostrategischen und ideologischen Interessenskonvergenzen mit dem israelischen Staat wird unter Bezug auf die „deutsche Vergangenheit“ die jahrzehntelange, systematische Unterdrückung, Verfolgung und Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung geleugnet und damit legitimiert. Die Kriminalisierung des legitimen Widerstands gegen die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik Israels und dessen genozidale Züge annehmende Landnahme folgt einem Narrativ („Antisemitismus“), das jegliches Recht auf eine palästinensische Staatlichkeit bestreitet. Dagegen ist eine substantiierte Aufklärung über die historische Genese des Konflikts und die maßgebliche Rolle des europäischen Imperialismus darin dringend geboten.
Genau dies leistet die 2019 veröffentlichte, mehrfach preisgekrönte Dokumentation „The tank and the olive tree“ des französischen Regisseurs Roland Nurier.
Anhand zahlreicher Quellen und Interviews mit namhaften internationalen Historiker:innen, Völkerrechtler:innen und UN-Diplomaten zeichnet er nach, inwiefern die heutige Konfliktsituation das fortwirkende Ergebnis der skrupellosen, kolonialen Expansionspolitik europäischer Mächte im 20. Jahrhundert, des damit verbundenen Teile-und-Herrsche-Prinzips und der so gelungenen „Auslagerung“ ihres eigenen „Judenproblems“ in Folge zweier Weltkriege – stets zulasten der arabischen Mehrheitsbevölkerung Palästinas – ist. Antisemitischer, europäischer Nationalismus, reaktiver Zionismus, koloniale Unterdrückung, deutscher Faschismus und die interessengeleitete Missachtung jeglicher Rechte des palästinensischen Volkes geben sich dabei in unheilvoller Folge die Hand. Die historische Rekonstruktion dieser Genese entlarvt jegliche Behauptung, eine friedliche Koexistenz von jüdischen und muslimischen Menschen in Palästina sei unmöglich, als zweckdienliche, die „eigenen“ Verbrechen kaschierende Lüge. Dies wird anhand von Sequenzen über zahlreiche arabisch-palästinensische Friedensinitiativen vor, während und nach der Staatsgründung Israels sowie über den Umgang mit den völkerrechtlichen Bestimmungen der UN nach 1948 und den medialen Aufwand zur stetigen Umdeutung der Konfliktursachen in jedem Eskalationsschritt von 1967 bis heute untermauert.
Entscheidend für die tiefgreifend zivilisierende Aufklärungswirkung des Films ist jedoch die eindringliche Schilderung der selbst unter unmenschlichsten Bedingungen unbändigen, stetig wachsenden Lebenslust der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten.
Mit ihrem so zum Ausdruck gebrachten, unbeugsamen Kampfesmut setzt sie ein beispielgebendes Fanal für die gesamte Weltgemeinschaft: Kein Unrecht der Welt – stütze es sich auch auf noch so überlegen erscheinende militärische Potenz – hat eine dauerhafte Perspektive. Die geschichtsbewusste, grenzenüberschreitende, widerständige Humanität für eine in Frieden, globaler Gerechtigkeit und solidarischer Entfaltung geeinte Menschheit ist ein unbezwingbares Movens für eine erfreuliche Zukunft. So lässt sich bewegt und bewegend, Seinesgleichen erkennend und befürwortend, wirken. Wir haben eine Welt zu gewinnen.
International solidarisch – Schluss mit Austerität!
„Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber!
Endet ihre Schlächterein!
Reden erst die Völker selber
Werden sie schnell einig sein.“
Bertolt Brecht, „Solidaritätslied“, 1931.
Den Flyer findet ihr hier auch als [pdf] zum Download.