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Filmseminar: The revolution will not be televised
28. Oktober 2020 @ 18:00 - 22:00
(Doku | Regie: D. O’Briain/K. Bartley | IRL/VEN 2003 | 72 Min. | OmU)
Der seit dem 1989 ausgerufenen „Ende der Geschichte“ global waltende Neoliberalismus bezieht, trotz verursachter Krise, Kriegen, sozialer Ungleichheit und Naturzerstörung, seine Legitimation nach wie vor aus der Behauptung, der beste Garant größtmöglicher Freiheit zu sein. Sein tatsächlich antiliberales, autoritäres und gewalttätiges Wesen wird jedoch immer da besonders augenscheinlich, wo er mit einer Alternative konfrontiert ist.
Der von einem irischen Kamerateam eher zufällig dokumentierte Putsch-Versuch 2002 gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Hugo Chávez und den revolutionären, bolivarischen Prozess in Venezuela ist ein eindrucksvolles Lehrstück über exakt diesen Zusammenhang.
Bis zur Wahl Chávez‘ 1998 galt Venezuela als der Inbegriff des lateinamerikanischen „Hinterhofs“ der USA: seit 1958 formaldemokratisch von zwei Systemparteien wechselseitig verwaltet, treuer Rohstofflieferant und Vasall im Drogenhandel und den imperialistischen Kriegsabenteuern des „großen Bruders im Norden“ und dank einer durch und durch korrupten Funktionselite trotz des weltweit viertgrößten Erdöl-Vorkommens eines der ärmsten Länder des Subkontinents. Der ehemalige Oberstleutnant Chávez, gewählt um diesem Elend ein Ende zu setzen, eröffnete mit seinem Programm des Sozialismus des 21. Jahrhunderts die völlig neue Möglichkeit eines souveränen, würdevollen und solidarischen Entwicklungswegs für die übergroße Mehrzahl der Bevölkerung mit paradigmatischer Bedeutung für ganz Lateinamerika. Nachdem 1999 die Venezolaner*innen in einem Referendum sich eine neue Verfassung mit grundlegenden sozialen Rechten gaben, wurde ein beispielloses Reformprogramm zur sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung des Landes aufgelegt: Massenhafte Bildungs- und Alphabetisierungskampagnen, die Etablierung kostenloser Gesundheitsversorgung, besonders in den Elendsvierteln, millionenfacher kostengünstiger staatlicher Wohnungsbau, garantierte Lebensmittelgrundversorgung, eine Landreform, Unterstützung der Indigenen-Gemeinden und Wiederaufforstungsprogramme, Aufklärungskampagnen über Arbeiterrechte und die Beförderung politischer Selbstorganisierung in Stadtteil-, Gemeinde- und Militärräten, massive Förderung der musischen und künstlerischen Bildung der marginalisiertesten Schichten und die Schaffung umfassender Mitbestimmungsmöglichkeiten ermöglichten eine nie dagewesene Beteiligung der bis dahin vollständig politisch missachteten Bevölkerungsteile an den zentralen Entscheidungen über die gesellschaftliche Entwicklung und senkten die Armutsrate in nur 7 Jahren von 50 auf 30%.
Als dann 2002 die Regierung entschied, zur Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums auch den staatlichen Ölkonzern PDVSA neu zu strukturieren, liefen die alten Eliten Sturm. Mit Unterstützung der Bush-Administration, die um ihre Öl-Profite fürchtete, und den mächtigen privaten Medienkonzernen inszenierten sie den ersten der zahllos folgenden Putsch-Versuche, besetzten den einzigen staatlichen Fernsehkanal, drohten den Präsidentenpalast zu bombardieren und ließen Chavez entführen. Das unerschütterliche Engagement der bolivarischen Aktivisten, gegen die Desinformationskampagne der Medien die Wahrheit zu verbreiten, die massenhaft für ihre gewählte Regierung mutig protestierende Bevölkerung und das entschlossene, verfassungstreue Handeln der demokratisch gesinnten Kräfte im Militär ließ den Putsch dennoch scheitern. Wer hier tatsächlich für Meinungs-, Versammlungs-, Presse- und sonstige Freiheiten eintritt, darüber klärt der Film in sehr nachhaltig wirksamer und nach wie vor hoch aktueller Weise auf. Nicht ohne Grund wurde auch seine Veröffentlichung weltweit massiv bekämpft.
So mag deutlich werden und sei erkannt, gesagt und getan: Es gibt immer eine Alternative.
International solidarisch: Schluss mit Austerität!
„An wem liegt es, wenn die Unterdrückung bleibt? An uns.
An wem liegt es, wenn sie zerbrochen wird?
Ebenfalls an uns.
Wer niedergeschlagen wird, der erhebe sich!
Wer verloren ist, kämpfe!
Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?
Denn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen,
Und aus Niemals wird: Heute noch!“
Bertolt Brecht, „Lob der Dialektik“, 1932.
Den Flyer findet ihr hier auch als pdf.