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Filmseminar: Still the enemy within

11. Januar 2023 @ 20:00 - 23:30

(Doku | Regie: O. Gower | GB 2014 | 112 Min. | OmU)

– Beginn ab 20 Uhr –


Auch wenn viel dafür getan wird, den gegenteiligen Eindruck zu vermitteln: kein Mensch ist allein. Niemand ist einem alternativlosen Schicksal ausgeliefert. Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen, das seine gemeinschaftlichen Lebensbedingungen tätig, kooperativ und bewusst gestalten kann. In diesem Tun verwirklicht er sein Menschsein. Der Mitmensch ist erste Voraussetzung der eigenen, gemeinsamen produktiven Entfaltung. Solidarität als alltäglich praktizierte Handlungsweise zur Schaffung menschenwürdiger Lebensverhältnisse ist insofern ein menschliches Grundbedürfnis.

Ein aktives Bewusstsein dieser fundamentalen Tatsachen ist jedoch nach vier Jahrzehnten krisenschürender Gesellschaftsumgestaltung nach dem Prinzip „Jeder sei seines eignen (Un-)Glücks Schmied“ erst wieder neu zu bilden. Dabei hilft ganz entscheidend ein Blick zurück auf die Auseinandersetzungen, die von Beginn an gegen diese negative Transformation geführt wurden.

Einen der wichtigsten dieser Kämpfe beleuchtet der Dokumentarfilm „Still the enemy within“ – den ein Jahr lang andauernden Streik der britischen Bergarbeiter:innen 1984/85.

Die 1979 gewählte, erzkonservative Premierministerin Margaret Thatcher (Urheberin der „Alternativlosigkeits“-Rhetorik) hatte zur Durchsetzung des neoliberalen Privatisierungsprozesses einen dezidierten Plan ausarbeiten lassen, um die britische Arbeiter:innenbewegung zu zerschlagen. Mit einem landesweiten Organisationsgrad von zeitweilig 57% hatte die lohnabhängige Bevölkerung in den Gewerkschaften eine enorme gesellschaftliche Gestaltungsmacht erlangt, die daher der kapitalfrommen Thatcher als „Feind im Inneren“ galten.

Neben gesetzlichen Maßnahmen zur Aufweichung des Kündigungsschutzes, zur Einschränkung des Streikrechts, zur Kriminalisierung relevanter Streikaktivitäten (bis hin zur Möglichkeit der Beschlagnahme von Gewerkschaftskassen) und der Bildung einer zur gewaltsamen Streikauflösung ausgebildeten Sondereinheit der Polizei gehörten zu diesem Plan gezielte Aktivitäten zur Spaltung der Gewerkschaftsbewegung, die sich insbesondere gegen ihren kämpferischsten Flügel, die organisierten Arbeiter:innen der staatlichen Kohle- und Bergbauindustrie richteten. Zu diesem Zweck wurden vorsorgliche Kohlevorräte aus dem Ausland angelegt sowie alternative Energieträger akquiriert, die geplante Stilllegung bzw. Privatisierung der allermeisten Kohlegruben verkündet und die mit Entlassung bedrohten Arbeiter:innen so geradezu in einen unbefristeten Hunger-Streik hineingezwungen.

Die solidarische Qualität des von den – auch medial zu Freiwild erklärten – Bergarbeiter:innen der National Union of Mineworkers (NUM) aufgenommenen Arbeitskampfes dürfte jedoch selbst die zynischsten Menschenfeinde erschüttert haben: in unermüdlicher Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit, eigenständiger Organisation von Unterstützungskommittees, Spendenkassen, Lebensmittelnachschub, politischen Versammlungen, kulturellen Aktivitäten und kreativsten Einsätzen auf scheinbar aussichtslosen Posten entfachten die Streikenden eine emanzipatorische Dynamik, die in der Geschichte ihresgleichen suchen dürfte. Die Arbeiterfrauen nahmen den Kampf ihrer Männer auf, wenn diese schon von allen Kräften verlassen schienen. Ganze Dörfer traten in den Ausstand, um die Streikenden zu unterstützen. Namhafte Künstler:innen organisierten Solidaritätskonzerte in den großen Städten und Bergarbeiter:innen aus aller Welt spendeten Millionenbeträge für die Streikkassen. Studierende, Migrant:innen, Obdachlose und Aktivist:innen der Schwulen- und Lesben-Bewegung gaben mitunter sprichwörtlich ihr letztes Hemd für die nicht selten kulturell äußerst wertkonservativ geprägten Arbeiter:innen, deren Kampf um Würde sie als gemeinsamen Kampf begriffen.

Der Film lässt die Beteiligten selbst zu Wort kommen und dokumentiert so auf eindrucksvolle Weise das einzigartige, historische Vermächtnis dieses Aufbegehrens. Der Streik konnte letztlich nicht gewonnen werden. Die durch ihn gewonnenen Einsichten, Lehren und Erfahrungen sind jedoch ein unauslöschlicher Gewinn für die gegenwärtige Menschheit und ihre zukünftige Entwicklung.

Solidarität ist die real existierende Alternative. Sie kennt keine Grenzen.

Darum: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.

Wer, Verlorener, wird es wagen?
Wer sein Elend nicht mehr tragen
Kann, muß sich zu jenen schlagen
Die aus Not schon dafür sorgen
Daß es heut heißt und nicht morgen.

Keiner oder alle. Alles oder nichts.“
Bertolt Brecht, „Keiner oder Alle“, Svendborger Gedichte, 1939.

 Den Flyer findet ihr hier auch als pdf. 

Details

Datum:
11. Januar 2023
Zeit:
20:00 - 23:30