Lade Veranstaltungen

« Alle Veranstaltungen

  • Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.

Filmseminar: Salt of the Earth

Januar 10 @ 20:00 - 23:30

(Spielfilm | Regie:  H. J. Biberman | USA 1954 | 94 Min. | OmU)

Die Filmvorführung beginnt mit einer Einführung durch den US-Kollegen Cyn Huang, Mitglied der US-Gewerkschaft United Auto Workers und der Studierenden-Sektion der Democratic Socialists of America und Elsa Rassbach, langjährige Gewerkschafts- und Friedensaktivistin, Journalistin und Filme-Macherin in USA und BRD.


Wenn in Krisenzeiten lautstark der „gesellschaftliche Zusammenhalt“ gepredigt wird, dann ist begründete Skepsis mehr als angebracht. Mit der vorgegaukelten Perspektive des gleichberechtigten Aufgehens in einem größeren „Wir“ – ob nun Familie, Nation oder der  noch so toleranten „Wertegemeinschaft“ – werden spezifische Benachteiligungen nicht überwunden, sondern verschärft. Die menschliche Würde als allseitiger Maßstab tatsächlicher Gleichheit lässt sich hingegen nur verwirklichen, indem Ausbeutung, Konkurrenz und Entfremdung als strukturelle Ursachen der sozialen Ungleichheit bekämpft und überwunden werden. In dieser von allen Nicht-Milliardär:innen tendenziell gemeinsam zu bestreitenden, gesellschaftlichen Auseinandersetzung wird auch die Überwindung allseits schädlicher Vorurteilsstrukturen, diskriminierender Rollenzuschreibungen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erst möglich.

Entsprechende Erfahrungen hat die organisierte Arbeiter:innenbewegung gerade im 20. Jahrhundert zu Hauf gesammelt. Der 1954 in den USA der McCarthy-Ära gedrehte, durch die kriminalisierte Gewerkschaft der Minenarbeiter:innen (IUMMSW) selbstfinanzierte Film „Salt of the Earth“ legt davon in hochaktueller und beeindruckender Weise Zeugnis ab.

Erzählt nach wahren Begebenheiten schildert er den emanzipatorischen Kampf mexikanisch-stämmiger Bergarbeiterfamilien in den Zinkminen New Mexicos. Weil ihnen von der mächtigen Bergbaufirma, im Unterschied zu ihren angloamerikanischen Kollegen, elementarste Rechte vorenthalten werden und es so immer wieder zu tödlichen Unfällen kommt, treten sie in einen unbefristeten, wilden Streik. Dabei bekommen sie es nicht nur mit dem zur Spaltung der Arbeiterschaft forcierten Rassismus der Konzernleitung, mit aufgehetzten, bezahlten Streikbrechern und willkürlichen Übergriffen der Staatsgewalt zu tun, sondern auch mit der wachsenden Unzufriedenheit ihrer Frauen. Diese leiden unter den prekären, entwürdigenden Lebensbedingungen, aber auch unter der herablassenden Ignoranz der Männer für ihre spezifische Lage. Obwohl tief besorgt um den möglichen Verlust ihrer Existenzgrundlage unterstützen die Frauen die Streikenden mit Verpflegung und gründen ein Hilfskomitee. Ihre Forderung, den Streik nicht nur auf die Arbeitssicherheit, sondern auch auf die Verbesserung der Hygiene und der Grundversorgung in den Arbeitersiedlungen zu richten, trifft bei der Streikversammlung zunächst auf Unverständnis und Gelächter. Dieses Verhältnis, exemplarisch gezeigt an der Beziehung zwischen dem lokalen Streikführer Ramón und seiner Frau Esperanza, beginnt sich mit fortwährender Streikdauer zu wandeln. Angesichts der wachsenden Repressionen tritt immer deutlicher zu Tage, dass der Kampf nur gewonnen werden kann, wenn es um die Verwirklichung allseitiger Gleichheit geht. Schließlich sind es gar die Frauen, die, um den Streik gegen die gesetzliche Kriminalisierung aufrecht zu erhalten, die Streikposten übernehmen und dem Polizeiapparat trotzen müssen, während die Männer den Haushalt versorgen. Mit der streitbar errungenen Erkenntnis der Gleichheit im gemeinsamen Kampf für menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen entwickeln die Streikenden ein solidarisches Selbstbewusstsein, das weit über den unmittelbaren Arbeitskampf hinauswirkt und die Konzernleitung trotz all ihrer perfiden Machenschaften letztlich zur Kapitulation zwingt.

In diesem Sinne ist der Film ein historisch-bahnbrechendes Plädoyer für die kämpferisch-humanistische Einheit von demokratischer Partizipation, sozialer Progression und kultureller Emanzipation. Das gilt jedoch nicht nur für seinen künstlerischen Gehalt, sondern auch für seine Entstehung. Die Darsteller:innen sind beinahe ausnahmslos tatsächlich am großen Streik von 1950 beteiligte Minenarbeiter:innen. Das Filmteam stand zum größten Teil als Angehörige oder Sympathisanten der Kommunistischen Partei der USA auf der „schwarzen Liste“ der Verfolgten des „Komitees für unamerikanische Umtriebe“. Vielzahlige Sabotageversuche, u.a. die während des Drehs vollstreckte Abschiebung der Hauptdarstellerin nach Mexiko, wurden solidarisch überwunden.

So lässt sich sehen und konsequenzenreich bedenken: Aufklärung und Emanzipation ist eine notwendige, überzeugende und menschlich-befreiende Angelegenheit. Das globale „Wir“ umfasst 99 Prozent.

Jede:r ist dabei gefragt.Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität. 

„Die einen haben nichts zu essen und machen sich darüber Gedanken, das kann zur Erkenntnis ihrer Lage führen: und das ist dann Marxismus; die andern haben zu essen und machen sich keine Gedanken darüber: und das ist dann die offizielle Religion. So verschieden ist es im menschlichen Leben!“ Kurt Tucholsky, „So verschieden ist es im menschlichen Leben!“, 1931.

Den Flyer findet ihr hier auch als [pdf] zum Download.

Sowie in English als [pdf] zum download. 

Details

Datum:
Januar 10
Zeit:
20:00 - 23:30