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Filmseminar: Mephisto

25. Januar 2023 @ 20:00 - 23:30

(Spielfilm | Regie: I. Szabo | BRD/HUN 1981 | 144 Min. | deu)

– Beginn ab 20 Uhr –


„Mephisto“

Ein Film von István Szabó (HU/BRD, 1981)

Am 27. Januar vor 78 Jahren gelang den Angehörigen der Sowjetarmee die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau und seiner überlebenden Insassen aus den Fängen der Nazi-Herrschaft. Eine menschliche Gesellschaft, frei von Ausbeutung, Krieg und Faschismus, frei zur allseitigen menschenwürdigen Entfaltung in Gleichheit und Solidarität: das ist das noch immer – und heute erst recht – zu verwirklichende, historische Vermächtnis jener Zeit.

Damit dies gelingen kann, gilt es, neben den politischen, ökonomischen und sozialen vor allem auch all jene geistig-kulturell-mentalen Ursachen zu überwinden, die den Faschismus als Herrschaftsform in Deutschland ermöglichten. Einen entscheidenden dieser zu überwindenden „geistigen“ Wegbereiter identifizierte der Schriftsteller und Antifaschist Klaus Mann bereits sehr früh im Opportunismus – einer Geisteshaltung, deren scharfsinniger und weitsichtiger Kritik er sich mit seinem 1936 im Amsterdamer Exil veröffentlichten Roman „Mephisto“ auf literarisch eindrucksvolle Weise widmete.

Eng angelehnt an den realen Werdegang des in jüngeren Jahren noch mit dem Autor befreundeten Schauspielers Gustaf Gründgens (der selbst nach dem Faschismus noch 1963 als Generalintendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg von sich reden machte), entfaltet Klaus Mann darin anhand des zwiegestaltigen Aufstiegs des Schauspielers Hendrik Höfgen eine geradezu psychographische Studie der Pathologie des „Mitläufertums“. Höfgen bildet darin das Paradebeispiel des sich zu kurz gekommen Wähnenden, der nach nichts mehr trachtet als nach gesellschaftlicher Anerkennung und sich an den vielzahligen Weggabelungen seines Lebens aus Opportunitätsgründen stets für den vermeintlichen individuellen Vorteil und gegen eine solidarische Handlungsweise entscheidet. Jeden Schritt nach oben in der von ihm akzeptierten Hierarchie der bürgerlichen Gesellschaft, für den er einstige Ideale und Weggefährten verraten muss, rechtfertigt er vor sich und anderen mit seiner (kunstvoll verklärten) Berufung zu Höherem, deren Erfüllung allen zu Gute käme.

So schlägt er nicht nur den Aufbau eines von ihm mitpropagierten linken Arbeitertheaters in Hamburg und das freundschaftliche Engagement der zwischenzeitlich angeheirateten, linksbürgerlichen Familie Bruckner (vgl. die „Manns“) aus, sondern auch die ihm nach der Reichtstagswahl 1933 durch den „Professor“ Max Reinhardt eröffnete Möglichkeit, ins Exil zu fliehen, und geht stattdessen den „Pakt mit dem Teufel“ ein: in Berlin gibt Höfgen den Mephisto in Goethes „Faust“ und erwirbt sich die Gunst Hermann Görings, der ihn folglich protegiert und befördert. Höfgen übernimmt die Leitung des preußischen Staatstheaters, hält Reden bei Staatsempfängen und darf die Reichskulturpolitik im Ausland vertreten. Der Ruhmestaumel vernebelt Höfgens Sinn dafür, wer hierbei wen benutzt.

Doch selbst als die genialische Verblendung Höfgens bereits einer Einsicht in das reale Kräfteverhältnis im barbarischen Führerstaat gewichen und jeder seiner Versuche fehlgeschlagen ist, sein Theater von den gröbsten Verbrechen der Nazis freizuhalten, dient der Günstling weiter seinem Herrn und inszeniert Shakespeares Hamlet gar noch als völkisches Drama. Schließlich fällt auch jenseits der Bühne der Vorhang und der beflissene Opportunist steht da als das, was er – allen gegenteiligen Bestrebungen zum Trotz – von Beginn an gewesen ist: ein einsamer, rückgratloser, verächtlicher Getriebener der Macht.

Die kongeniale Verfilmung von István Szabó aus dem Jahre 1981 bringt mithilfe der grandiosen schauspielerischen Darstellung (u.a. Klaus Maria Brandauer als Hendrik Höfgen und Rolf Hoppe als Göring) den hochaktuellen, aufklärerischen Gehalt des Romans eindrücklich zur Geltung: die Geschichte kennt keine Zwangsläufigkeiten. Jede:r hat zu jeder Zeit die Möglichkeit, sich zum verallgemeinerungswürdigen Handeln im menschenwürdigen Sinne zu entscheiden. Das solidarische Wirken für eine humane Zivilisationsentwicklung ist dem Menschen gemäß. Eine bessere Welt ist möglich. Dafür ist tätig und tagtäglich neu aus der Geschichte zu lernen.

Darum: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.

„Nun geht es weiter; nächste Episode! Fragt sich nur, in welche Richtung es weitergeht. Das hängt von uns ab; an jedem Wendepunkt hat man die Wahl.“ Klaus Mann, „Der Wendepunkt“, 1949.

Den Flyer findet ihr hier auch als pdf. 

Details

Datum:
25. Januar 2023
Zeit:
20:00 - 23:30