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Filmseminar: Little Big Man
August 21 @ 20:00 - 23:30
(Spielfilm | Regie: Arthur Penn | USA 1970 | 147 Min. | deu)
Die US-Präsidentschaftswahlen werfen ihre Schatten voraus. Sie finden statt im Kontext der globalen Kontroverse um die weitere Zivilisationsentwicklung. Die jahrzehntelang politisch-militärisch abgesicherte Vorrangstellung transatlantischer Wirtschaftsinteressen in der Welt ist fundamental in Frage gestellt. Auch in den Gesellschaften des globalen Nordens selbst formieren sich zunehmend Kräfte für eine sozial gerechtere Verteilung des Reichtums und eine strikt zivile, kulturell aufgeklärte, demokratisch kooperative sowie ökologisch nachhaltige Transformation der Weltgemeinschaft. Das hält die hiesigen Profiteure der Ungleichheit bislang nicht davon ab, ihre „Freiheiten“ mit gesteigerter Repression nach Innen und militärischer Konfrontation nach Außen verteidigen zu wollen. Mit nahezu schlafwandlerischer Arroganz wird dabei das westliche Wohlstandsmodell als Nonplusultra der Menschheitsentwicklung dargestellt, um tatsächliche zivilisatorische Errungenschaften wie das Völkerrecht, die universellen Grund- und Menschenrechte, das Friedensgebot in den internationalen Beziehungen oder auch elementare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit mit Füßen zu treten.
In einer vergleichbaren gesellschaftlichen Situation entwickelte US-Regisseur Arthur Penn eine geradezu wegweisende Kritik dieser Doppelmoral mit seiner epochalen Filmsatire „Little Big Man“. Entstanden 1970 zur Hochphase der US-Militärinvasion in Vietnam kontrastiert er darin die gewaltvolle Geschichte der Vereinigten Staaten mit ihrer selbsterklärten, weltweiten Führungsrolle in Sachen „Fortschritt, Freiheit und Demokratie“.
Den historischen Hintergrund des fiktionalisierten Geschehens bilden die sog. „Indianerkriege“ des 19. Jahrhunderts. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Jack Crabb, der als kleiner Junge nach einem Überfall auf den Planwagen seiner Siedlerfamilie in die Hände eines Cheyenne-Stammes gerät. Da der Stammesälteste ihn adoptiert, wächst Jack wohlumsorgt unter den sich als „Menschenwesen“ Bezeichnenden auf. Er lernt ihre Sprache, Gebräuche und ihre Philosophie, die von tiefer Egalität und der Wertschätzung für das Leben, die Umwelt und die Mitmenschen geprägt ist. Als sein Stamm jedoch von der US-Armee angegriffen wird, bleibt ihm nur übrig, sich als Weißer zu erkennen zu geben. Er wird in die Obhut eines puritanischen Pfarrersehepaars übergeben und lernt so auch, was es bei den „Bleichgesichtern“ bedeutet, „wohlumsorgt“ aufzuwachsen. Auf seinem Weg durch die Welt der „überlegenen Rasse“ folgt eine Desillusionierung der Nächsten. Von der lüsternen Pfarrersfrau flieht Crabb zum windigen Quacksalber Merriweather, verdingt sich zwischenzeitlich als Revolverheld auf eigene Faust und lässt sich als biederer Geschäftsmann nieder, nur um nach einem Bankrott sein Glück in einem Siedlertreck nach Westen zu suchen. So gerät er an den Armeegeneral Custer, der einen gnadenlosen Vernichtungsfeldzug gegen die ohnehin schon eines Großteils ihres Landes beraubte Ureinwohnerschaft führt.
Angewidert von der geistig-kulturellen Verkommenheit seiner Landsleute schließt sich Crabb erneut den Cheyenne an und kämpft schließlich mit dem vereinigten „Indianerheer“ gegen die weißen Okkupanten.
Die ungemein klug und humorvoll inszenierte Filmerzählung vollbringt in ihrem Charakter als satirische Parabel gleich eine doppelte Aufklärungswirkung: sie trifft die imperialistische Selbstgefälligkeit des „freien Westens“ in ihrem Wesenskern, indem sie ihm vor Augen führt, dass ökonomisch-militärische Dominanz unweigerlich mit soziokulturellem, moralischem und intellektuellem Verfall einhergeht. Zugleich ist mit der Darstellung der in diesen Belangen „entwickelteren“ Stammesgesellschaft die Frage aufgerufen, inwiefern deren „Werte“ – übertragen auf das heutige Niveau der Vergesellschaftung – nicht tatsächlich relevante und notwendig zu verwirklichende Maßstäbe für die globale Zivilisationsentwicklung bilden?
Ein gemeinschaftliches Leben frei von Gewalt und materieller Bedrängnis, in sozialer Gleichheit und solidarischer Entfaltung ist global längst möglich zu realisieren. Darin besteht die spezifisch persönliche, gesellschaftliche und gattungsgeschichtliche Verwirklichung des Menschseins auf Höhe der Zeit. Diese Bedeutung geht über Wahlen weit hinaus.
Insofern: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.
„Ein Volk, das andere unterdrückt, kann sich nicht selbst emanzipieren. Die Macht, deren es zur Unterdrückung der andern bedarf, wendet sich schließlich immer gegen es selbst.“ Friedrich Engels, „Flüchtlingsliteratur“, 1874.