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Filmseminar: Five broken cameras
September 18 @ 20:00 - 23:30
(Doku | Regie: Emad Burnat/Guy Davidi | PAL/ISR 2011 | 94 Min. | OmU)
Für die Einführung in den Film und die anschließende Diskussion freuen wir uns, die beiden Regisseure des Films, Emad Burnat und Guy Davidi, ankündigen zu können.
Frieden erfordert Mut. Den Mut, strukturelle und physische Gewalt, soziale Ungleichheit, kulturelle Entwürdigung, Konkurrenz- und Unterdrückungsverhältnisse sowie das Geschäft mit der Rohheit zivil zu überwinden. Dies ist die oberste Aufgabe der internationalen Weltgemeinschaft und – nach zwei begonnen, verheerenden und verlorenen Weltkriegen – gemäß Grundgesetz die historische Verantwortung insbesondere des „deutschen Volkes“. Mit der sog. „Staatsräson“ propagieren Politik, Justiz und Medien hingegen den Rückfall in die Barbarei: das Selbstverteidigungsrecht gelte nur für Freunde des „Westens“ und wird zur Legitimation grausamster Kriegsverbrechen pervertiert. Der völlig enthemmte „Vernichtungsfeldzug“ der israelischen Armee im Gazastreifen wird zur „Friedenssicherung“ umdeklariert und profitträchtig mit Waffenlieferungen unterstützt. Die Feigheit des Steinzeitdenkens, Gewalt könne nur mit Gewalt begegnet werden, soll zur modernen Alltagstugend erhoben werden („Kriegstüchtigkeit“).
Gerade der zivile Widerstand der palästinensischen Bevölkerung gegen das inzwischen 57 Jahre währende Unrecht des Besatzungsregimes im Westjordanland straft diese Ideologie Lügen und bildet ein Lehrstück für den Mut zum Frieden. Der im grenznahen Ort Bil’in lebende Regisseur Emad Burnat hat diesem Widerstand mit „Five broken cameras“ im Jahre 2011 ein filmisches Denkmal gesetzt. Er dokumentiert darin den gewaltlosen Kampf der 1800 Einwohner:innen des Dorfes gegen die alltägliche Schikanierung, fortschreitende Landnahme und willkürlichen Übergriffe der israelischen Armee, die seit dem Scheitern des Osloer Friedensprozesses im Jahre 2000 stetig neue Ausmaße an Skrupellosigkeit annehmen.
Im Jahre 2005 erwarb Emad Burnat eine Kamera – zur Geburt seines Sohnes Gibreel. Zur selben Zeit beginnt die israelische Regierung mit dem völkerrechtswidrigen Bau der militärischen Sperranlage, die das Westjordanland komplett abriegeln soll und dabei so tief in palästinensisches Gebiet vorgelagert errichtet wird, dass ganze Ortschaften vom Zugang zu ihrer Lebensgrundlage, dem umliegenden Ackerland, abgetrennt werden. Das Land soll fortan den nahegelegenen, sich ausweitenden, illegalen israelischen Siedlungen zugeschlagen werden. In Bil’in organisieren die Bewohner friedliche Protestmärsche zum Sperrzaun, um die Landnahme und den Ausbau der Siedlung Modi’in Illit zu stoppen. So wird Burnat unfreiwillig zum Filmemacher, denn mit seiner Kamera sieht er sich in der Lage, die Geschehnisse aufzuzeichnen und dem Protest so ein Bewusstsein seiner Entwicklung zu verschaffen. Die fünf Kameras, die im Laufe der Auseinandersetzung von prügelnden Siedlern, israelischen Scharfschützen und Granaten zerstört werden und Emad Burnat mehr als einmal das Leben retten, zeigen auf diese Weise nicht nur die gewalttätige Eskalation der Besatzung, sondern zugleich das unverbrüchliche Ringen der Widerständigen um Zuversicht in dem ungleichen Kampf für Würde, Recht, Land und Leben. Mit jedem verletzten, verhafteten, getöteten Freund oder Bruder ist die Frage nach dem Sinn des gewaltfreien Protests neu gestellt. Immer wieder gelingt es den scheinbar aussichtslos Unterlegenen, die Wut über den Verlust in eine neue positive Qualität des Widerstands zu verwandeln. Nicht zuletzt durch die Bilder von Burnats Kameras selbst. Sie lassen Bil’in zum Symbol für den Friedenskampf im gesamten Westjordanland (und weit darüber hinaus) werden und tragen dazu bei, dass ein israelisches Gericht die Rückverlagerung des Sperrzauns anordnet und den Bewohner:innen einen relevanten Teil ihres Ackerlands zuspricht. Ein Erfolg freilich, der tiefe Wunden hinterlässt.
Emad Burnat sagt, vergessene Wunden können nicht heilen. Sie werden von neuen überlagert. Deswegen filmt er. Um zu heilen. Heilung ist die stärkste Kraft zur Überwindung der Unterdrückung.
Eine beispielgebend praktizierte Haltung, die der Welt insgesamt gut zu Gesichte stünde. Frieden ist der Ernstfall. Die Waffen müssen schweigen, damit die Menschheit zu ihrem mühsam errungenen Recht kommt. Sofort, überall und für immer. Ein Jeder ist dabei gefragt.
Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.
„Um jedoch solch ein Organ bei euch auszubilden, das gestattet, mit gewöhnlicher Stimme sich Millionen verständlich zu machen, müßt ihr sowohl laut sprechen können, als auch so leise, daß sich eure Lippen nicht zu bewegen scheinen. Zur Ausbildung eurer Stimme nämlich in dem erwähnten Ausmaß müßt ihr ganz bestimmte Dinge aussprechen.“
Bertolt Brecht, „Me-Ti. Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930er Jahre.