- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Filmseminar: Der Staat gegen Fritz Bauer
21. April 2021 @ 17:00 - 21:00
(Spielfilm | Regie: L. Kraume | D 2015 | 105 Min. | deu)
Als nächstes zeigen wir den Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ von Lars Kraume aus dem Jahr 2015. Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, den 21. April und beginnt dieses Mal schon um 17 Uhr im Abaton Kino (Allende-Platz 3). Im Anschluss an den Film wird es wie immer Gelegenheit zur Diskussion geben. Das Filmseminar gegen Austerität wird als studentisches Seminar organisiert. Zur Teilnahme bitten wir um eine kurze Anmeldung per Mail an kontakt@schluss-mit-austeritaet.de
Biedersinn begünstigt Brandstifter. Das zeigt sich besonders deutlich am Nachkriegswestdeutschland der 1950er-Jahre: Das restaurative Klima ist bestimmt von einem bedrückenden Mantel des Schweigens, der im Dienste von Adenauers Wiederaufrüstung im „Kalten Krieg“ über das gerade erst beendete Grauen der faschistischen Barbarei gelegt werden soll. „Soziale Marktwirtschaft“, heimatfilmelnde Kulturindustrie und tradiert-restriktive Sittenkodizes dienen der Ruhigstellung einer aufgewühlten, kriegsmüden Bevölkerung und werden begleitet von der Reinstallierung zahlloser Nazi-Größen in verantwortliche Positionen, bis hin zum Bundeskanzleramt. Wer aufmuckt und widerspricht, wird schnell als Nestbeschmutzer und Landesverräter gebrandmarkt.
Einer der herausragendsten unter ihnen ist Fritz Bauer. Vormals als jüdisch-stämmiger Widerständler im sozialdemokratischen „Reichsbanner“ von den Nazis verfolgt und inhaftiert, kämpft er als hessischer Generalstaatsanwalt nun für eine konsequente gesellschaftliche Aufarbeitung und juristische Verurteilung der Nazi-Verbrechen in ihrer ganzen Dimension. Eine tiefgreifende politische, soziale und kulturelle Erneuerung der Gesellschaft und dafür insbesondere die Vermittlung von demokratisch-aufklärerischem Bewusstsein an eine verunsicherte, nach Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit, neuem Sinn und kritischer Entfaltung suchenden Jugend ist sein erklärtes Ziel.
Der hochaktuelle, grandios inszenierte, auf historischen Tatsachen basierende und um fiktive Elemente ergänzte Film beleuchtet dabei exemplarisch den erst zehn Jahre nach seinem Tod überhaupt publik gewordenen, widerstandsreichen Beitrag Bauers zur Ergreifung von Adolf Eichmann, dem Organisator des Holocaust, durch den israelischen Geheimdienst Mossad.
Um Eichmann zu fassen, der sich über die „Rattenlinien“ des Vatikans nach Argentinien abgesetzt hat und dort unbehelligt von einem „vierten Reich“ träumt, muss sich Bauer mit dem weitgespannten, kaum offen in Erscheinung tretenden Netzwerk der alten Eliten in Wirtschaft, Justiz, Geheimdiensten und Behörden ebenso anlegen wie mit ihren konservativen Protegées im In- und Ausland, deren schützenden Hände bis in Bauers eigenes Amt hineinreichen – dokumentiert in dessen lakonischem Ausspruch: „Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich Feindesland“. Wie sehr dabei alter repressiv-gewalttätiger und neuer kulturell-normativer Geist Hand in Hand gehen, wird anhand des fiktiven Jungstaatsanwalts Angermann illustriert. Von Bauers unverbrüchlichem Engagement fasziniert, unterstützt er als einer der Wenigen dessen Ermittlungen und wird für das zunehmend befreite Ausleben seiner Homosexualität, die nach fortgeltendem Nazirecht noch strengstens diffamiert und strafbewehrt war, umgehend vom feindlichen Behördennetzwerk ertappt und erpresst. Eichmann kommt vor Gericht – aber in Israel. Jedoch der solidarische Funke der Aufklärung ist stärker als die versammelte Reaktion und weist weit über das im Film darstellbare Geschehen hinaus. Mit dem aus der streitbaren Verbundenheit neu geschöpften Kampfesmut initiiert Fritz Bauer 1961 die Auschwitz-Prozesse, in denen ihm schließlich die öffentliche Aufarbeitung gelingt, die zuvor noch verhindert werden konnte.
Ein höchst lehrreiches Exempel für heute:
Aus dem generationenübergreifenden Zusammenwirken engagierter Humanisten für ein konsequentes „Nie wieder!“ und eine darauf gründende, menschenwürdige Gesellschaft erwuchs der dynamische Aufbruch von 1968, der die Welt einen Schritt näher an die Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit und Solidarität bringen sollte. Dessen verheißungsvolles Vermächtnis ist heute neu zu verwirklichen.
Die Menschheit braucht neue Luft zum Atmen. Jede Bewegung beginnt mit einem ersten Schritt.
Aus der Geschichte lässt sich lernen – für eine bessere Zukunft.
Der 8. Mai sollte als „Tag der Befreiung“ ein bundesweiter Feiertag werden! Daran kann jede:r mitwirken (https://8mai-hamburg.de/).
International solidarisch – Schluss mit Austerität!
„Die Klugen machen klug, die Gütigen machen gütig, die Tapfern machen tapfer.“
Bertolt Brecht, „Me-Ti. Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930er-Jahre.
Den Flyer findet ihr hier auch als pdf.