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Filmseminar: Catastroika
19. Mai 2021 @ 18:00 - 22:00
(Doku | Regie: A. Chatzistefanou & K. Kritidi | GR 2012 | 87 Min. | OmU)
- Als nächstes zeigen wir den Film „Catastroika“ von Katerina Kitidi und Aris Chatzistefanou aus dem Jahr 2012. Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, den 19. Mai und beginnt wieder um 18 Uhr im Abaton Kino (Allende-Platz 3). Im Anschluss an den Film wird es wie immer Gelegenheit zur Diskussion geben. Das Filmseminar gegen Austerität wird als studentisches Seminar organisiert. Zur Teilnahme bitten wir um eine kurze Anmeldung per Mail an kontakt@schluss-mit-austeritaet.de
Das kritische Verständnis der Vergangenheit ermöglicht die Erkenntnis der Veränderbarkeit der Gegenwart – zur Gestaltung einer besseren Zukunft. Das ist gerade in Zeiten tiefer gesellschaftlicher Krise von zentraler Bedeutung.
Mit dem rigiden, maßgeblich von der deutschen Bundesregierung über ganz Europa verhängten Verzichtsgebot der haushaltspolitischen Austerität wurde 2008 infolge der globalen Finanzkrise verfassungsrechtlich abgesichert, dass nicht die Banken und Finanzinvestoren für die horrenden Schäden ihrer zerstörerischen Spekulationsgeschäfte zur Kasse gebeten werden, sondern stattdessen die europäische Bevölkerung durch massive Kürzungen der öffentlichen Mittel für soziale Sicherungssysteme, Daseinsvorsorge und Infrastruktur stets die Gewinneinbußen der Superreichen auszugleichen habe.
Wäre damals bei der Krisenbeantwortung der Schutz und die Hebung des Gemeinwohls ausschlaggebendes Kriterium gewesen und somit eine Wende in der Umverteilungsrichtung des gesellschaftlichen Reichtums vollzogen worden, so hätten alle europäischen Staaten schon längst ihre Gesundheits- und Sozialsysteme mit genügend qualifiziertem, angemessen entlohntem Personal, technischer Infrastruktur, flächendeckend öffentlichen Versorgungskapazitäten und sanktionsfreien Hilfszahlungen im Bedarfsfall ausstatten können. Die Eindämmung eines pandemisch auftretenden, gar nicht so neuartigen Atemwegs-Virus wäre so kaum mehr als eine Randnotiz in vielleicht dann auch etwas gründlicher arbeitenden Medienorganen geworden.
Da es jedoch anders kam, stehen die damals notwendig zu ziehenden Lehren heute umso dringlicher zur Verwirklichung an.
Darum ist der 2012 entstandene, essayistische Dokumentarfilm über die Geschichte des Neoliberalismus und seine inhärenten Krisenbewältigungsmechanismen, wie sie damals gegenüber Griechenland in zynischster Konsequenz zur Anwendung kamen, von enorm aktuellem Wert.
Das griechische RegisseurInnen-Duo, das für seine filmische Aufklärungsarbeit zurecht häufig mit Michael Moore verglichen wird, zeigt in „Catastroika“ anhand der politischen Vorgänge in Chile (1973), Großbritannien (1980) und den zerfallenden Staaten des ehemalig sozialistischen Blocks (1990/91), was der waltende Zeitgeist meint, wenn er für bessere Zeiten „Freiheit“ und „Wohlstand“ verspricht und in schlechteren Zeiten „alternativlos“ die „Eigenverantwortung“ einfordert: die entgrenzte Privatisierung der gemeinschaftlichen Lebensgrundlagen und des gesellschaftlich erarbeiteten Reichtums zugunsten einiger Weniger, wofür im Zweifelsfall Krieg geführt, autoritäre Staatsgewalt ausgeübt, demokratische Grundrechte ignoriert, parlamentarische Kontrolle ausgehöhlt, nationale Souveränität verletzt, mit medialer Stimmungsmache alternative Auffassungen mundtot gemacht und so der Verzicht auf erkämpfte, grundlegende soziale und kulturelle Ansprüche und Rechte erzwungen werden soll.
Gleichzeitig beleuchtet der Film auch, inwiefern die totalitäre Marktgläubigkeitsdoktrin zum Scheitern verurteilt ist. Anhand zahlreicher jüngerer Erfolge von Bewegungen zur Rückführung gemeinschaftlicher Güter in öffentliche Hand wird deutlich: Zivilisatorische Entwicklungserfordernisse und das menschliche Grundbedürfnis nach gesellschaftlicher Gestaltung und Entfaltung lassen sich auch mit Zwangsmitteln nicht dauerhaft einschränken. Entgegen allem Privatisierungsdruck wächst global das politische Alltagsbewusstsein. Dort, wo es auf strategisch kluge, perspektivbildende, egalitäre Initiative trifft, kann es zu wegweisendem, unumkehrbar solidarischem Engagement reifen.
So lässt sich für heute erkennen: Eine neue Etappe der demokratisch organisierten, bewussten und kooperativ-planvollen Verfügung Aller über die gesellschaftlichen Lebensbedingungen und die Mittel ihrer Entwicklung steht mehr denn je auf der zivilisationsgeschichtlichen Tagesordnung.
In jeder Krise gilt es, aus den kumulierten Fehlern zu lernen. So entsteht Licht am Ende des Tunnels. Das Wohlbefinden wächst mit der entschiedenen, assoziierten Verwirklichung der Menschenwürde weltweit. Dafür muss das Rad nicht neu erfunden werden. International solidarisch – Schluss mit Austerität!
„Wer A sagt, der muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.“
Bertolt Brecht, „Der Jasager und Der Neinsager“, 1930/31.
Hier findet ihr den Flyer auch als pdf.