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Der Untertan

16. Oktober 2019 @ 20:00 - 23:30

(Spielfilm | Regie: Wolfgang Staudte | DDR 1951 | 109 Min. | deu)


„Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte, sich vor allem fürchtete und viel an den Ohren litt.“ So beginnt Heinrich Mann’s epochale Roman-Satire auf den wilhelminisch-preußischen Imperialismus des beginnenden 20. Jahrhunderts. Die bürgerliche Industriegesellschaft hat – nicht ohne die steten Kämpfe der zunehmend organisierten Arbeiterbewegung – die Mittel geschaffen, mit denen die Menschheit bereits damals in der Lage ist, eine allumfassend solidarische Zivilisationsentwicklung jenseits von natürlichen Mangelbedingungen, Konkurrenz und Ausbeutung in planvoller, kooperativer, ziviler und demokratischer Weise zu verwirklichen. Aber die deutsche Bourgeoisie greift im Fieberwahn ihres nationalen Minderwertigkeitskomplexes nach der Weltmacht und bereitet damit den schlimmsten Weltenbrand der Moderne – zwei Weltkriege und die faschistische Diktatur – vor.

Die kongeniale DDR-Verfilmung Wolfgang Staudtes aus dem Jahre 1951 zeigt, wie der Roman selbst, auf eindrucksvolle und hoch aktuelle Weise anhand der Beleuchtung sehr typischer Charaktere den im Innersten fauligen und rundum überwindenswerten Kern der Gesellschaft dieser Zeit.

Der Protagonist, der feige Opportunist Diedrich Heßling, erbender Papierfabrik-Besitzer in der fiktiven Provinzstadt Netzig, verkörpert den Prototypen des Untertanen- Geistes. Kirche, Familie, Eigentum und Vaterland sind heilige Prinzipien. Erfüllung findet der Untertan einzig, wenn er sich der höheren Macht, die er verehrt und fürchtet zugleich, hingebungsvoll unterwerfen und sie damit über andere ausüben kann. Anhand seines Lebenswegs – devoter Schulstreber, bierseliger Korpsstudent, Drückeberger im Militärdienst, tyrannischer Fabrikherr, despotisches Familienoberhaupt, romantisch-verstockter Liebhaber und korrupter Lokalabgeordneter – wird die katastrophal-groteske, spießig- bornierte Seele des deutschtümelnden Konservatismus mitsamt der sog. „Elite der Nation“ – Industrielle, Grundbesitzer, Militärs, Kirche und Verwaltungsbeamte – und ihrer Ordnung, die jegliches Zuwiderhandeln im Keim ersticken will, der scharfen Kritik und dem heilsamen Verlachen anheimgestellt.

Heute, über 100 Jahre später, da die Menschheit umso mehr vor der Möglichkeit steht, ihre Geschicke gemeinsam produktiv bestimmen zu können und da in Krisenzeiten – nicht zuletzt durch die urkonservative Austeritätsdoktrin – erneut am „deutschen Wesen die Welt genesen“ soll, ist der Film ein  hochgradig bereichernder Beitrag dazu, heiter von allen dunklen Geistern der Vergangenheit und Gegenwart scheiden zu können.

Der Mensch geht aufrecht. Er verwirklicht sich durch seine bewusste, gesellschaftliche Lebenstätigkeit. Die Zukunft ist international solidarisch: Schluss mit Austerität!

„Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen.“
Kurt Tucholsky, in: „Die Weltbühne“, 26. Mai 1931.

Hier findet ihr den Flyer auch als pdf.

Details

Datum:
16. Oktober 2019
Zeit:
20:00 - 23:30
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

Audimax II
Von-Melle-Park
Hamburg, 20146 Deutschland

Veranstalter

International solidarisch: Schluss mit Austerität