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Der unsichtbare Aufstand
14. August 2019 @ 21:00 - 23:30
(Spielfilm | Regie: Costa-Gavras | FR/ITA/BRD 1972 | 115 Min. | deu.)
„Marktkonforme Demokratie“ und autoritäre, repressive Methoden der Kapitalbegünstigung gingen schon immer miteinander einher. Nirgendwo wird dies so deutlich, wie an der Geschichte der Militärdiktaturen Lateinamerikas. Der politische Aufklärungsfilm des griechischen Regisseurs Costa Gavras könnte in jedem Land der damaligen „westlichen Welt“ spielen. Er zeigt jedoch am Beispiel Uruguays 1970 typische Zusammenhänge auf.
Das Land befindet sich wirtschaftlich in den Händen einiger Großgrundbesitzer und einer korrupten politischen Kaste, die es willfährig den USA und deren Ausplünderung der nationaler Ressourcen und Arbeitskräfte unterwirft. Die Bevölkerung wird ärmer und ärmer, politische und soziale Rechte werden zunehmend beseitigt. Soziale Unruhen, gewerkschaftliche und studentische Kämpfe für eine soziale, politische Wende wachsen. Die Regierung antwortet mit gesteigerter Repression.
Das „Movimiento de Liberación Nacional – Tupamaros“, eine verbotene, marxistisch orientierte Untergrundbewegung, operierend als Stadtguerilla, kämpft am konsequentesten für die souveräne Entwicklung Uruguays, die Organisierung der Entrechteten für die Verwirklichung ihrer sozialen Interessen und den Sturz der Regierung. Große Teile der Bevölkerung – ArbeiterInnen, Intellektuelle, aufgeklärte Teile der Presse bis hin zu Geistlichen – sympathisieren, trotz ihrer unorthodoxen Methoden, zunehmend mit deren Kampf. Sie entführen gewichtige Statthalter des Systems, klagen sie in den „Carceles del pueblo“ („Gefängnisse des Volkes“) an und veröffentlichen die Verhöre, um die Bevölkerung in Radiosendungen über deren Machenschaften aufzuklären.
Eines der bedeutendsten Verfahren richtet sich gegen Daniel A. Mitrione, Mitarbeiter einer US-Tarnorganisation, der in der „School of the Americas“ tausende Polizeikräfte der „Dritten Welt“ in Foltermethoden, brutaler Aufstandsbekämpfung und politischen Morden ausbildet und mit der CIA und faschistischen Kräften Militärputsche vorbereitet hat, darunter in Brasilien und der Dominikanischen Republik.
Auf die Offenlegung dieser Aktivitäten reagieren Militär und USA mit dem offenen Putsch 1973. Die Tupamaros werden eingekerkert und gefoltert. Ein großer Generalstreik wird zerschlagen.
Die Saat ihrer sozialkritischen Aufklärung lässt sich dennoch nicht unterdrücken: die politisierte Bevölkerung setzt 1985 die Freilassung der Tupamaros und die Beendigung der Militärdiktatur durch.
Mittlerweile stellen sie mit dem linken Parteienbündnis Frente Amplio die größte Fraktion im Parlament Uruguays. 2004 wurde mit Pepe Mujíca erstmals ein bekannter Tupamaro zum Präsidenten gewählt. Bis heute setzen sie, allen neuen Torpedierungsversuchen zum Trotz, eine Politik der sozialen Transformation fort.
Der Film von Costa-Gavras – veröffentlicht 1972 – war selbst ein wesentlicher Beitrag zum späteren Sturz der Militärdiktatur. Die Offenlegung der bis dahin weitgehend totgeschwiegenen US-Machenschaften mobilisierte direkt eine weltweite, internationale Solidaritätsbewegung. Er enthüllt zum Einen die bestehenden Eigentumsverhältnisse als wahren Quell politischer Gewalt, und zeigt gleichzeitig die transformative Kraft unversöhnlicher, aufklärender Kritik, sozialer Bewegung in Aktion und zivilisationsgeschichtlich bewusster, fortschrittlicher Bündnispolitik. Unterlegt mit der grandiosen Filmmusik des griechischen Widerstandskämpfers Mikis Theodorakis ist der Film ein lebendiges, aktuelles Plädoyer für das engagierte, gemeinsame Erwirken einer tatsächlich menschenwürdigen Welt – hier und heute! Machen wir Schluss mit der Austerität!
„Er fragt das Eigentum:
Woher kommst du?
Er fragt die Ansichten:
Wem nützt ihr?
Wo immer geschwiegen wird
Dort wird er sprechen
Und wo Unterdrückung herrscht und von
Schicksal die Rede ist
Wird er die Namen nennen. […]
Wohin sie ihn jagen, dorthin
Geht der Aufruhr, und wo er verjagt ist
Bleibt die Unruhe doch.“
Bertolt Brecht, „Lob des Revolutionärs“, 1932.
Den Flyer findet ihr hier auch als pdf.