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Der Name der Rose
15. April 2020 @ 20:00 - 23:30
(Spielfilm | Regie: J.-J. Annaud | FR/ITA 1986 | 126 Min. | deu)
Italien im Jahre 1327: die Mönche einer Benediktiner-Abtei mitten in den Bergen des Apennin bereiten sich auf einen entscheidenden kircheninternen Disput vor. Der aufmüpfige Franziskaner-Orden, der die Berechtigung der Kirche, Reichtümer anzuhäufen, in Frage stellt, und sie auf ihren sozialen Dienst an den Armen und Unterdrückten verpflichten will, soll durch eine Gelehrten-Delegation des ebenfalls benediktinischen Papstes zurechtgewiesen und die weltliche Herrschaft der Kirche gegen zunehmende Zersetzungs-Tendenzen gesichert werden. Die Vorbereitungen werden jedoch von mysteriösen Todesfällen in der Abtei überschattet: mehrere junge Mönche, die in der weltweit einzigartigen Bibliothek der Abtei an griechischen Übersetzungen gearbeitet haben, werden auf bestialische Weise ermordet. Während die Altvorderen des Ordens den Teufel selbst am Werk sehen und das Jüngste Gericht prophezeien, macht sich der bereits im Kloster weilende William von Baskerville (Sean Connery), ein der Humanität und Wahrheit besonders zugetaner Franziskaner, mit seinem Novizen (Christian Slater) an die Aufklärung der Fälle, bei der er zunehmend auch die Abstrusitäten des streng regulierten Glaubenslebens der Abtei aufdeckt. Als er auch noch den mystizistischen Schuldurteilen des obersten Inquisitors widerspricht, der ein armes Bauernmädchen und zwei geläuterte Dolzinianer (bekannt für ihre glaubensmotivierten Anschläge auf reiche Kirchenleute) als Sündenböcke ausmacht und ohne jeden Beleg auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen will, gerät William selbst ins Visier der Glaubenskrieger. Mithilfe einiger heimlich sympathisierender Mönche gelingt ihm jedoch, das streng behütete Geheimnis zu lüften. Alle Ermordeten studierten das von den Benediktinern verbotene 2. Buch der Poetik des Aristoteles über die Komödie. Der Geist der Aufsässigkeit, der Lebensbejahung und des Genusses, der von den satirischen Zeichnungen und Texten ausging, stellte in seiner Verbreitung die größte Bedrohung für die auf Askese, Verzicht, Hierarchiegläubigkeit und normativer Sozialkontrolle beruhenden Ordnung der Kirchenherrschaft dar. „Wer lacht, hat keine Angst vor dem Teufel. Und wer den Teufel nicht fürchtet, braucht keinen Gott.“
Pointierter lässt sich die hochaktuelle, systemüberwindende Sprengkraft aufgeklärter Kultur und die Weitung der Ansprüche an ein kultiviertes, solidarisches, für alle erfreuliches und menschenwürdig zu gestaltendes, gesellschaftliches Leben, kaum fassen.
In der schauspielerisch und inszenatorisch grandios verfilmten Romanvorlage verarbeitet Humberto Eco auch die politische Krise Italiens der 1970er-Jahre und die Ermordung Aldo Moros, des linkskonservativen Ministerpräsidenten der Democrazia Cristiana, dessen Zusammenarbeit mit den Kommunisten eine beispielgebende Perspektive sozialer Transformation in den Westländern und eine fundamentale Infragestellung der NATO-Nachkriegsordnung darstellte.
Aus der Geschichte lässt sich lernen. Dogmen sind keine gute Medizin. Ein besseres Leben für alle ist längst möglich. Es gesellschaftlich zu erwirken ist die erfreuliche Angelegenheit Aller. Jetzt erst Recht: Schluss mit der Enge. Schluss mit Austerität!
„Alle haben die vage Intuition, daß sie, indem sie aus dem Katholizismus eine Lebensnorm machen, fehlgehen, wofür jedenfalls spricht, daß niemand sich an den Katholizismus als Lebensnorm hält, auch wenn er sich Katholik nennt. Ein integraler Katholik, der also bei jedem Lebensakt die katholischen Normen anwenden würde, käme uns wie ein Monster vor, was, wenn man es recht bedenkt, die schärfste Kritik des Katholizismus selbst ist, auch die unumstößlichste. […]Was vom philosophischen Standpunkt am Katholizismus nicht befriedigt, ist die Tatsache, daß dieser trotz allem die Ursache des Bösen in den Menschen als Individuum selbst verlegt, das heißt, den Menschen als genau definiertes und begrenztes Individuum auffaßt. […] An diesem Punkt muß man den Begriff des Menschen reformieren.“ Antonio Gramsci, „Gefängnishefte“, Bd. 6, Heft 10, Teil II, § (54), 1932-35.
Hier findest du den Flyer auch als pdf.