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„Beutezug Ost – die Treuhand und die Abwicklung der DDR“ Film-Seminar gegen Austerität
3. Oktober 2018 @ 20:00 - 23:00
Geändert: Beutezug Ost – die Treuhand und die Abwicklung der DDR, DE 2010, Deutsch, 45 min
von Herbert Klar und Ulricht Stoll
Der 3. Oktober ist der weltweit wohl einzige Nationalfeiertag, mit dem ein historischer Rückschritt begangen werden soll. Mit dem – euphemistisch als „Wiedervereinigung“ bezeichneten – weitgehend kompromissbefreit betriebenen Anschluss der DDR an die alte Bundesrepublik West 1990 wurde eine (wenn auch autoritär erstarrte) sozialistische Gesellschaft zerstört und in ein kapitalistisches System untergeordnet.
Die Bürger eines Landes – in dem, anders als in der BRD, der antifaschistische Gründungsimpetus konsequent verwirklicht wurde, in dem die Verpflichtung zur friedlichen Außenpolitik und einem solidarischen Welthandel gelebte Praxis war, in das die Sowjetunion als Hauptleidtragende des 2. Weltkriegs mit 27 Mio. Todesopfern keine Marshallplan-Milliarden zum Wiederaufbau investieren konnte, in dem dennoch Allen der kostenlose Zugang zu hochwertigster Gesundheitsversorgung und einem didaktisch vorbildlichen Bildungswesen ohne soziale Hürden, ausreichend Wohnraum, weitreichende betriebliche Mitbestimmung und existenzsichernde, würdige Arbeit staatlich und verfassungsgestützt garantiert wurden, in dem ein flächendeckender ÖPNV auch das letzte Dorf erreichte, in dem die höchste Theaterdichte der Welt und eines der aufgeklärtesten Sexualstrafrechte bestanden – wurden quasi über Nacht der ungezügelten Konkurrenz des Marktgeschehens ausgeliefert, in eine existenzielle, soziale Prekarität geworfen, ihrer Arbeitsplätze, ihrer Verfügungsmöglichkeit über den gesellschaftlichen Reichtum und ihrer Geschichte beraubt und als mögliche Anhänger einer solidarischen Gesellschaft zu Schwächlingen, Holzköpfen, Faulenzern oder anderweitig zu Menschen niederen Werts erklärt.
„Blühende Landschaften“ war Helmut Kohls Begriff für sozial zerstörte Regionen, in denen West-Konzerne bei Billigstlöhnen ungehindert den schnellen Gewinn machen konnten.
Diese so entfesselte Politik der ungehemmten Kapitalbegünstigung ist eine wesentliche Ursache der gegenwärtigen, tiefgreifenden Zivilisationskrise. Der Neoliberalismus („there is no alternative“) mitsamt seinem Austeritätsfanatismus hat sich inzwischen zu Tode gesiegt. Ein umfassender Paradigmenwechsel steht auf der gesellschaftlichen Tagesordnung. Dafür ist die kritische Aneignung der tatsächlichen Geschichte von elementarer Bedeutung.
Der Dokumentarfilm des ZDF über die Geschichte der 1990 gegründeten Treuhand-Anstalt zur Verwaltung des DDR-Staatsvermögens trägt dazu bemerkenswert bei. Er entlarvt exemplarisch die systematischen Verleumdungen der DDR im Zuge der „Wiedervereinigung“ und zeigt, wie mit voller politischer Absicht (CDU/CSU, Währungsunion zum Wechselkurs 1:1) und teilweise krimineller Energie der großenteils hochproduktive Staatsbesitz an Industrieanlagen und das Bankvermögen zunächst gezielt entwertet und wettbewerbsunfähig gemacht und schließlich komplett an windige Profitgeier verschenkt oder ganz zerstört wurden (ein Großteil der deutschen Staatsverschuldung kommt von genau diesen Riesenprofiten). Er macht somit auch deutlich: eine solche Entwicklung ist kein Naturgeschehen, sondern von Menschen gemacht und somit auch stets umkehrbar. Aus der Geschichte lässt sich lernen: eine bessere Welt ist möglich. Im Übrigen wäre der 8. Mai, der Tag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht 1945, ein wesentlich besser zum Nationalfeiertag geeignetes Datum.
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