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Filmseminar: Im Westen nichts Neues

12. April 2023 @ 20:00 - 23:00

(Spielfilm | Regie: L. Milestone | USA 1930 | 136 Min. / deu)

Raumänderung: Im Hörsaal H Von-Melle-Park 9, in der ehem. HWP. 


Im Westen nichts Neues: um eine Bevölkerung zum Krieg gegen andere einzuschwören, muss medial und regierungsamtlich gelogen werden, dass die Schwarte kracht. Wenn ehrenamtliche Rüstungslobbyist:innen wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) die inbrünstige Sorge um die Gewinnmargen ihrer Auftraggeber zur Empathie mit den Unterdrückten dieser Erde umzudeuten versuchen, wenn zugleich pazifistisches Engagement als „Feindbegünstigung“, Verrat am nationalen „Wir“ der Wertegemeinschaft oder verweichlichte „Wehrkraftzersetzung“ verächtlich gemacht werden soll, dann ist dringend geboten, die historischen Lehren aus zwei von deutschem Boden ausgegangenen Weltkriegen gesellschaftlich neu zur Geltung zu bringen.

Kaum ein literarisches Werk dürfte dazu besser geeignet sein, als der völlig zurecht zur schulischen Pflichtlektüre gehörende, 1928 von Erich Maria Remarque verfasste, in Rekordzeit weltweit verbreitete und bereits 1930 von Lewis Milestone kongenial verfilmte Roman „Im Westen nichts Neues“.

Die episodenhafte Schilderung der fiktiven, allerdings gänzlich auf Tatsachenberichten beruhenden Erlebnisse des Gymnasiasten Paul Bäumer, der sich 1916 auf die einschneidend-patriotischen Reden seines Lehrers Kantorek hin mit all seinen Klassenkameraden freiwillig für den Frontdienst meldet, gehört zu den vielleicht eindringlichsten Antikriegswerken des 20. Jahrhunderts. Seine aufklärerische Wirkung entsteht durch die typisierte, hochgradig realistische Darstellung des Kriegsgeschehens, die alle Verklärungen, Legitimationen und Heroisierungen des Militarismus Lügen straft. Zahlreiche Schlüsselszenen reflektieren dabei über das unmittelbare Geschehen weit hinausreichende Einsichten von verallgemeinerbarer Gültigkeit.

Die erste Ernüchterung erfahren die jungen Rekruten schon in der Ausbildung: das versprochene „Wir“, in dem alle gleich sein sollen, weicht dem gnadenlos hierarchischen Drill auf dem Kasernenhof. Der Ausbilder Himmelstoß – im zivilen Leben einfacher Briefträger – quält die Schüler mit sadistischem Unterwerfungseifer. Der  erste Fronteinsatz zerstört alle Illusionen vom Krieg als Abenteuer. Todesangst, fallende Kameraden, sinnlose Einsatzbefehle, Hunger, Kälte und elende Versorgung sind mit dem Heldenmythos schwer in Übereinstimmung zu bringen. Beim Heimaturlaub, dem Gespräch über den Frontbesuch des Kaisers und weiteren Begebenheiten wird zudem immer deutlicher, dass die Soldaten nur Kanonenfutter sind für einen Krieg, der ihnen nichts nützt. Die einschneidendsten Einsichten entstehen jedoch im Bezug auf den „Feind“: in den hungernden russischen Kriegsgefangenen wie auch im todesröchelnden Franzosen, den Paul Bäumer aus Todesfurcht erstochen hat, erkennt er Seinesgleichen. Sie teilen dasselbe Schicksal. Sie wurden von den wohlbehüteten Patrioten in der Heimat zur Schlachtbank geführt und zu niederen Zwecken ihres Lebens und ihrer Zukunft beraubt. Ihre wahren Feinde sind diejenigen, die sie gegeneinander aufgehetzt haben.

Aus dieser folgenschweren Erkenntnis erwuchs das revolutionäre Aufbegehren, das – zunächst 1917 in Russland, später auch in Deutschland und anderswo – den entscheidenden Ausschlag gab zur Beendigung des Weltenbrands. Die Nazis wussten, warum sie Buch und Film schon zu Weimarer Zeiten mit allen erdenklichen Mitteln bekämpften. Ein neuer Krieg ist mit der massenhaft grenzüberschreitenden Verbrüderung der „Nicht-Besitzenden“ gegen ihre Obrigkeiten nicht zu machen.

Im Roman stirbt Paul Bäumer, wie Tausende andere, noch an einem der letzten Kriegstage. Die Heimatpresse meldet dazu nur: „Im Westen nichts Neues.“

Das, was ihm und Millionen Seinesgleichen nicht vergönnt war, ist Auftrag für die heute Lebenden in aller Welt: die Schlussfolgerungen aus den mühsam gewonnenen, historischen Einsichten zu verwirklichen. Der Frieden ist zu gewinnen. Nicht der Krieg.

Das wäre im Westen was Neues.

Darum: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.

„Vergib mir, Kamerad! Wir sehen es immer zu spät. Warum sagt man uns nicht immer wieder, daß ihr ebenso arme Hunde seid wie wir, daß eure Mütter sich ebenso ängstigen wie unsere und daß wir die gleiche Furcht vor dem Tode haben und das gleiche Sterben und den gleichen Schmerz. Vergib mir, Kamerad, wie konntest du mein Feind sein. Wenn wir diese Waffen und diese Uniform fortwerfen, könntest du ebenso mein Bruder sein wie Kat und Albert.“
Erich Maria Remarque, „Im Westen nichts Neues“, 1928.

Den Flyer findet ihr hier auch als pdf.

Details

Datum:
12. April 2023
Zeit:
20:00 - 23:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

Von-Melle-Park 9
Von-Melle-Park 9
S27, Hamburg 20146
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