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Filmseminar: Vice – der zweite Mann

30. November 2022 @ 20:00 - 23:30

(Spielfilm | Regie: A. McKay | USA 2018 | 134 Min. | deu)

– Beginn ab 20 Uhr –


Was schafft Krieg – was schafft Frieden? Ein kleiner Blick über den medialen Tellerrand eröffnet bereits einige, durchaus ernstzunehmende Hinweise darauf, dass diese Zivilisationsfrage nicht allein damit zu klären ist, ob im Kreml gerade der ausgemachte „Anti-Christ“ regiert oder nicht.

Einen solchen Hinweis liefert die satirische Filmbiografie „Vice“ des US-Regisseurs Adam McKay über Leben und Werdegang von Dick Cheney – seines Zeichens ab 1995 Vorstandsvorsitzender von Halliburton, dem größten Dienstleistungs- und Zulieferer-Konzern für US-Militär, Erdölindustrie und Energiewirtschaft, sowie später als Vizepräsident der Bush-Administration Hauptverantwortlicher für den völkerrechtswidrigen Überfall der USA auf den Irak 2003, dem allein bis zum US-Truppenabzug 2011 mehrere Hunderttausende irakische Zivilisten zum Opfer fielen.

Der Filmtitel ist dabei bewusst zweideutig gewählt – „Vice“ bezeichnet sowohl den Posten des Stellvertreters wie auch eine Form lasterhafter Untugend und Verkommenheit – denn der Film porträtiert zweierlei: den Aufstieg des fahrig-verlotterten Provinzmittelschichtlers Cheney, der, durch seine erzkonservative Ehefrau Lynne zu skrupellosem Ehrgeiz und politischem Machtwillen angetrieben, zum obersten Strippenzieher der Weltmacht USA wird, sowie den gleichzeitig mit genau diesem Aufstieg verbundenen Verfall des politischen und moralischen Wertesystems im Land der selbsternannten Tugendritter für „Freedom and Democracy“.

Skizziert wird dieser doppelte Werdegang anhand wichtiger Wegmarken und Entscheidungen auf dem verschlungenen Pfad zum Zentrum der Macht: vom Kofferträger des Nixon-Beraters und späteren Verteidigungsministers Donald Rumsfeld zum Stabschef von Präsident Ford und über den zwischenzeitlichen einfachen Abgeordnetensitz für seine „Heimat“ Wyoming zum Verteidigungsminister unter George Bush Sr.

Diese Stellung nutzte Cheney u.a. für eine Gesetzesänderung, die es fortan ermöglichte, alle im Rahmen von militärisch-zivilem Wiederaufbau auszuschreibenden Infrastrukturprojekte an ein einziges Unternehmen zu vergeben. Gutachterin für dieses Gesetzesvorhaben und erste Ausschreibungssiegerin war ein Tochterunternehmen von Halliburton. Später mit dem Chefposten bei Halliburton belohnt, gründete Cheney mit anderen den Thinktank „Project for the New American Century“ (PNAC), der bereits 1997 eine US-Invasion im Irak empfahl und minutiöse Listen über die Verwertbarkeit der irakischen Ölfelder anfertigte.

Als Vizepräsident brauchte Cheney dann „nur“ noch seine Kabinettskolleg:innen davon zu überzeugen, dass die Terroranschläge vom 11. September 2001 eine gute Gelegenheit bieten, die für Halliburton doppelt profitablen Kriegspläne in die Tat umzusetzen, wobei ihm der zuvor mithilfe richterlicher Gutachten geschaffene, extralegale Status des Vizepräsidentenamts mit quasi uneingeschränkter Exekutivvollmacht erheblich geholfen haben dürfte.

Diese Gutachten folgen der „Theorie der einheitlichen Exekutive“: ein durch neokonservative Verfassungsrichter bestätigtes Rechtskonstrukt zur faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung, das neben riesigen Steuergeschenken für Großkonzerne und der Legalisierung von Foltermethoden noch allerlei weitere Aushöhlungen des demokratischen Rechtsstaates ermöglicht und den Deutungsfokus der filmischen Betrachtung bildet.

Der Film wirft somit ein grelles Licht darauf, was „Make America Great Again“ real bedeutet und warum es sich mit der Präsidentschaft von Donald Trump alles andere als erledigt hat.

Zugleich wird in facettenreicher und beißend-aufklärerischer Darstellung deutlich, wessen Regeln und Werte gemeint sind, wenn heutzutage von „regel- und wertebasierter Außenpolitik“ die Rede ist.

Aber es tritt auch noch Gewichtigeres zu Tage. Das Völkerrecht – als zivilisationsgeschichtlich mühsam errungene Grundlage einer möglichen Weltfriedensordnung, die auf Gewaltfreiheit, Abrüstung und international gleichberechtigter Kooperation souveräner Staaten zur sozialen Wohlentwicklung Aller basiert – kann nur von bestimmten gesellschaftlichen Akteuren verwirklicht werden: von all Jenen, die gewillt sind, mit den korrupten Verstrickungen zwischen militärisch-industriellem Komplex, Wirtschaft, Politik und Medien grundlegend aufzuräumen. Und zwar überall.

Darum: Brot, Frieden, Würde – jetzt! International solidarisch: Schluss mit Austerität.

„Die Rohheit kommt nicht von der Rohheit, sondern von den Geschäften, die ohne sie nicht mehr gemacht werden können.“
Bertolt Brecht, „Rede auf dem I. Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur“, Paris 1935.

 Den Flyer findet ihr hier auch als pdf.

Details

Datum:
30. November 2022
Zeit:
20:00 - 23:30
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