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Filmseminar: Fahrenheit 9/11
13. Oktober 2021 @ 20:00 - 23:00
(Doku| Regie: Michael Moore |USA 2004, | 122 Min. |deu)
Der jüngst erfolgte, fluchtartige Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan markiert das sang- und klanglose Ende eines Krieges, der von Anfang an falsch war. Er gemahnt nicht nur bildlich an den Rückzug der USA aus Vietnam, sondern offenbart dasgrundlegende Scheitern der geopolitisch-militärischen Expansionsstrategie des Westens nach dem Ende des Kalten Kriegs.
Die vielbeschworene „Neuausrichtung deutscher Außenpolitik“ steht somit tatsächlich auf der Tagesordnung. Allerdings nichtdurch den bloßen Ersatz alter Feindbilder („Schurkenstaaten“ und „internationaler Terrorismus“) durch neue (China, Russland, Iran), sondern durch eine gründliche Revision des Falschen zugunsten einer auf Diplomatie, Kooperation und ziviler Entwicklung fußenden Strategie der globalen Friedensbildung.
Kaum etwas ist dafür so lehrreich, wie der Blick zurück auf den Beginn dieses Krieges 2001 und die Einschätzungen, Erkenntnisse und Analysen derjenigen, die ihn schon damals vehement ablehnten. Zu ihnen gehört der US-Filmemacher Michael Moore, der in „Fahrenheit 9/11“ – der mittlerweile weltweit meistgesehenen Dokumentation überhaupt – in eindringlicherWeise offenlegt, wie wenig es den selbsternannten „Herren der freien Welt“ um US-Präsident George W. Bush infolge der verheerenden Anschläge vom 11. September 2001 jemals um die Verteidigung von Freiheit, Demokatie oder auch nur den Schutz der US-Bevölkerung, geschweige denn um irgendwelche Frauenrechte am Hindukush ging. Systematisch legt der Film dar, inwiefern der ganze sog. „Krieg gegen den Terror“ vielmehrgerade auf Kosten all jener Werte (zivilisationsethisch wie auchganz materiell) sowie auf dem Rücken der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten für vulgärste, korrupte Geschäftsinteressen, den Zugang zu billigem Öl aus dem Kaspischen Meer und die Profite einiger US-Banken und Rüstungskonzerne geführt wurde. Dabei wird auf eindringlich aktuelle Weise auch noch kenntlich gemacht, wie sehr die paranoide Zeichnung eines nicht näher greifbarenBedrohungsgeschehens (wahlweise und austauschbar: Sozialismus, Zuwanderung, Terrorismus, Staatsverschuldung, allgemeiner Sittenverfall, etc.) ein urkonservatives Mittel zurVerschleierung von sozialen Interessengegensätzen und zur Herstellung des öffentlichen Konsenses mit Kriegen, Grundrechtseinschränkungen und allerlei anderen herrschaftsdienlichen, voraufklärerischen, antidemokratischen und menschenwidrigen Machenschaften ist.
Die Bilanz der darauf fußenden Weltpolitik ist – mit Afghanistan exemplarisch gesprochen – verheerend: 20 Jahrevölkerrechtswidriger Kriegseinsatz haben zigtausend Tote, Verwundete und Traumatisierte auf allen Seiten hinterlassen. Im nach wie vor tief unterentwickelten Land gibt es neben dem Opiumanbau quasi keine funktionierende wirtschaftliche Infrastruktur. Die Analphabetenrate liegt bei über 60% und allein die Räumung der verbrachten 10 Millionen Landminen würde nach heutigem Stand mehrere Hundert Jahre in Anspruch nehmen.Die Unocal-Öl-Pipeline ist endlich gebaut und liegt – in den Händen der Taliban. Dafür hat die westliche Staatengemeinschaft schätzungsweise 1 Billion US-Dollar verausgabt. Wie viele Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Theater oder Sportstätten davon in Afghanistan und hierzulande hätten gebaut bzw. saniert werden können, entzieht sich öffentlichen Statistiken.
Was ist daraus zu lernen? Mit der NATO ist kein Frieden zu machen. Das Völkerrecht ist umfänglich zu heilen. Ein Ende jeglicher militärischen Einmischung des Westens in die Belange souveräner Staaten ist von akutem Gewinn für die Zivilbevölkerung weltweit. Echter Aufbau, zivile Entwicklung und solidarische Wirtschaftshilfe zum Abbau des Nord-Süd-Gefälles sind globale Herausforderungen, für die es das schöpferische Potential und die vergesellschaftete Klugheit aller Einzelnen dringend braucht. Dafür sind alle geschaffenen Mittel und Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. So kann eine neu orientierte Zivilisationsstrategie gelingen. Es ist an der Zeit.
International solidarisch: Schluss mit Austerität!
„Zwei Männer sprachen miteinander.
Na, wie ist es?
Ziemlich schief.
Wieviel haben Sie noch?
Wenn es gut geht: viertausend.
Wieviel können Sie mir geben?Höchstens achthundert.
Die gehen drauf.
Also tausend.
Danke.
Die beiden Männer gingen auseinander.
Sie sprachen von Menschen.
Es waren Generale.
Es war Krieg.“
Wolfgang Borchert, „Lesebuchgeschichten“, 1947.