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Filmseminar: Wer den Wind sät

10. März 2021 @ 18:00 - 22:00

(Spielfilm | Regie: S. Kramer | USA 1960 | 123 Min. | deu)

Als nächstes zeigen wir den Film „Wer den Wind sät“ von Stanley Kramer aus dem Jahr 1960. Die Veranstaltung findet statt am Mittwoch, den 10. März und beginnt um 18 Uhr im Abaton Kino (Allende-Platz 3). Im Anschluss an den Film wird es wie immer Gelegenheit zur Diskussion geben. Das Filmseminar gegen Austerität wird als studentisches Seminar organisiert. Zur Teilnahme bitten wir um eine kurze Anmeldung per Mail an kontakt@schluss-mit-austeritaet.de


Man muss gar nicht religiös sein, um an Vorsehung, unbeherrschbares Schicksal und höhere Mächte zu glauben – wie man an den aktuell in Dauerschleife verbreiteten, zur Beherrschung einer Virus-Pandemie kaum zweckmäßigen, allgemeinen Verzichtspredigten sehen kann. So wird der gesellschaftliche Mensch des 21. Jahrhunderts kontrafaktisch auf ein primitives, hilflos ausgeliefertes Naturwesen zu reduziert.

„Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ – mit dieser Losung der Aufklärung untrennbar verbunden, folgte die Hervorbringung der modernen Naturwissenschaften genau dem gegenteiligen Impetus: mittels der Erkenntnis der natürlichen Entwicklungsgesetze sollte das Gattungswesen Mensch Herr über sein Schicksal werden können, indem es sich in die Lage versetzt, seine natürlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen bewusst, souverän, gemeinschaftlich, befreit von Mangel und somit menschengemäß zu gestalten.

Dergleichen revolutionäres Gedankengut fand seine schärfsten Feinde stets in den Verteidigern der bestehenden Herrschaftsordnung, die angesichts noch immer herrschenden Mangels, Unrechts und sozialer Ungleichheit noch nie anders zu rechtfertigen war, als mit ihrer Unabänderlichkeit, einem stets in die Zukunft verlagerten Heilsversprechen und den daraus abgeleiteten Appellen an das Vertrauen in die Obrigkeiten – zur Not bei strikter Bestrafung der Ungehörigen.

Kein Wunder also, dass der US-amerikanische Antifaschist Stanley Kramer („Das Urteil von Nürnberg“) den sogenannten „Affenprozess“ von 1925 künstlerisch in einem Film verarbeitet, der sich 1960 gegen die sozial-repressive, anti-aufklärerische, von Kommunistenhatz, Denunziantentum und Verfolgung kritischer Künstler und Intellektueller geprägten ideologischen Ordnung der McCarthy-Ära richtet.

In einer streng konservativ-religiös dominierten Kleinstadt in Tennessee wurde damals einem Lehrer der Prozess gemacht, der es gewagt hatte, gegen das Gesetz seinen Schülern die Darwinsche Evolutionstheorie nahezubringen, nach der der Mensch sich aus dem Affen entwickelt habe, statt von Gott geschaffen zu sein.

Als der hochangesehene Bibelexeget, ehemalige Präsidentschaftskandidat und Staatsanwalt Brady die Anklage übernimmt und sein früherer Weggefährte, der Agnostiker und Fortschrittsfreund Drummond die Verteidigung des schon vorverurteilt scheinenden Lehrers Cates, entfaltet der Prozess auf nachhaltig erkenntnisreiche Weise den Grundsatzkonflikt zwischen Wahrheit und Moral, Gerechtigkeit und sittlicher Ordnung, Humanität und Demut, Zivilisation und Barbarei.

Drummond (grandios: Spencer Tracy) ist unbeirrbar bestrebt, gegen alle Widerstände der feindlich gesinnten und zunehmend aufgebrachten Stadtgesellschaft nicht nur die Unschuld des Lehrers zu beweisen, sondern auch die Falschheit des anzuwenden Gesetzes, die Verderbtheit seiner Anwender und die uneingeschränkte Wirksamkeit menschlicher Erkenntnistätigkeit. Er verliert den Prozess. Doch in dem rhetorisch und dramaturgisch fesselnd inszenierten Streit vor Gericht gelingt ihm, aufgrund seines Mutes und seiner untrüglich empathischen und sehr praktisch demonstrierten Einsicht, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, der Vernunft selbst in der Niederlage noch zu einem bahnbrechenden Siegeszug zu verhelfen. Letztlich kann er vergnüglich das Darwinsche Lehrbuch und die Bibel gemeinsam in seiner Aktentasche verstauen. So erscheint augenfällig: kritische Weltsicht und höhere Zwecksetzung bilden eine notwendige Einheit in der engagierten Verwirklichung einer besseren, menschengemäßen Welt.

Ein einzigartig kluges, befreiendes und heilsames Plädoyer für die Überwindung jedweder selbstverschuldeten Unmündigkeit. Die Menschheit kann unendlich viel mehr als Verzicht.

Wir haben es in der Hand. International solidarisch – Schluss mit Austerität!

 

Der kleine Mönch: Und Sie meinen nicht, daß die Wahrheit, wenn es Wahrheit ist, sich durchsetzt, auch ohne uns?Galilei: Nein, nein, nein. Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein.“
Bertolt Brecht, „Leben des Galilei“, 1939.

Hier findet ihr den Flyer auch als pdf.

Details

Datum:
10. März 2021
Zeit:
18:00 - 22:00
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