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The Times of Harvey Milk
19. August 2020 @ 21:00 - 23:30
Doku| Regie: Rob Epstein | USA 1984 | 90 Min.| OmU
„Ihr müsst den Leuten Hoffnung geben! Hoffnung auf eine bessere Welt, auf ein besseres Morgen[…]. Ohne Hoffnung werden nicht nur die Schwulen, auch die Schwarzen, die Senioren, die Behinderten und Benachteiligten, die Wir’s werden aufgeben.“ Diese Kernbotschaft von Harvey Milks berühmt gewordener Rede vor über 250.000 Menschen beim San Francisco Gay Pride March 1978 mag als Essenz eines außergewöhnlichen politischen Werdegangs gelten. Sie bildet gleichzeitig das Vermächtnis des wenige Monate später zusammen mit Bürgermeiser George Moscone von seinem konservativen Amtskollegen Dan White ermordeten Aktivisten der US- amerikanischen Emanzipationsbewegung, der ein Jahr zuvor zum Bezirksstadtrat des Castro- Viertels und damit als erster offen Homosexueller in ein politisches Amt der USA gewählt wurde. Sein einnehmend selbstbewusstes, unerschütterlich non-konformes Eintreten für soziale Gerechtigkeit, Frieden und die Rechte aller Benachteiligten war eine notwendige und bewusste Provokation für das spießig-reaktionäre, provinzielle, weiße Kleinbürger-Amerika, das arrivierte Polit-Establishment und die dahinterstehenden großen Geschäfte.
Milk, 1930 als Sohn litauisch-jüdischer Eltern in New York geboren, zunächst als Offizier der US- Navy und später als Versicherungsstatistiker und Finanzanalytiker an der Wall Street tätig, kann als Personifizierung des gesellschaftlichen Aufbruchs von 1968 angesehen werden. Als überzeugter Pazifist schließt er sich den Protesten gegen den Vietnamkrieg und die Bombardierung Kambodschas an und bricht mit seinem etablierten Lebenswandel. Er zieht 1972 nach San Francisco, wirkt aus einem eigens eröffneten Fotoladen wesentlich mit dafür, dass sich das Castro zu einer Hochburg der sozialkritischen Schwulen- und Lesben-Bewegung entwickelt und beschließt im Lichte der Watergate-Affäre, selbst in die Politik zu gehen, um sie grundlegend zu ändern.
Mit seinem unkorrumpierbaren Einsatz für die sozialen und kulturellen Belange aller Bewohner, gegen Gentrifizierung, Rassismus, Diskriminierung und Polizeigewalt und durch seine tatkräftige Unterstützung streikender Arbeiter*innen gewinnt er nicht nur die Unterstützung großer Teile der Bevölkerung sondern schafft es auch, die verschiedenen fortschrittlichen Kräfte zu einen. Zu einer Zeit, da öffentlich wie privat ausgelebte Homosexualität noch in allen Bundesstaaten unter Strafe und harter Verfolgung steht, setzt er eine weitreichende Antidiskriminierungscharta im Stadtrat durch. Schließlich gelingt ihm das Undenkbare: eine von evangelikalen Fundamentalisten gestartete Initiative, die ein Berufsverbot für homosexuelle Lehrer in ganz Kalifornien erzwingen will, scheitert mit großer Mehrheit an der unermüdlichen Aufklärungs- und Überzeugungskampagne der Bewegung und schafft damit ein landesweit wirksames Signal der Zuversicht, dass die aufkeimende Reaktion tatsächlich besiegt und überwunden werden kann.
Ein Sieg der Hoffnung, den Milk mit dem Leben bezahlte, der aber über seinen Tod hinaus von nachhaltig beispielgebender Wirkung bleibt: Das persönlich konsequent vertretene Engagement für ein besseres Leben für Alle ist eine überzeugende, sinnstiftende und erfreuliche Angelegenheit, der sich auf Dauer kaum jemand entziehen kann. Die aus der selbstbewusst verallgemeinerten, non- konformen Lebensweise geschaffene Hoffnung ist ein immenser gesellschaftlicher Beweger. Demokratische Partizipation, soziale Progression und kulturelle Emanzipation bilden eine untrennbare Einheit im Wirken gegen Rechts.
Damals wie heute – eine bessere Welt ist möglich. Insofern: Schluss mit Austerität!
„Schönster aller Zweifel aber,
wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und an die Stärke ihrer Unterdrücker
nicht mehr glauben!“
Bertolt Brecht, „Lob des Zweifels“, 1939.
Hier findest du den Flyer auch als pdf.