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Unversöhnliche Erinnerungen

22. Januar 2020 @ 20:00 - 23:30

(Doku | Regie: Klaus Volkenborn | BRD 1979 | 92 Min. | deu)


Wie lässt sich die Existenz extrem rechter, faschistoider Auffassungen und Praktiken heute erklären? Wie lassen sie sich überwinden? Und was hat das mit der Beendigung der Austeritätspolitik zu tun?

Ein klarer Blick in die Geschichte erhellt die Gegenwart. Dies gelingt dem Ende der 1970er-Jahre gedrehten, dokumentarischen Meisterwerk von Klaus Volkenborn – bemerkenswerterweise Bestandteil des Repertoires der Bundeszentrale für politische Bildung – anhand der Kontrastierung zweier bundesdeutscher Biographien, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten.

Henning Strümpell, Bundeswehrgeneral a.D., als Jagdflieger der Legion Condor im Spanienkrieg (1936-1939) Teil der faschistischen Unterstützung der gegen die Spanische Republik putschenden Falangisten des Generals Franco, hat es im Nachkriegsdeutschland West nicht schwer, aus seiner Offizierslaufbahn im Faschismus ungebrochen Kapital zu schlagen. Ansehen und Wohlstand sind ihm nur kurzzeitig ungewiss. Seine preußisch-militaristischen, deutsch-nationalen Überzeugungen haben mit 1945 keinen Schaden genommen. Mit Hilfe alter Kameraden steigt er schnell wieder auf und unternimmt mit Herzblut bald den Wiederaufbau einer deutschen Armee, die jetzt eben nur anders heißen muss. Seine erstaunlich offenherzigen Schilderungen des Geschehenen zwischen 1933 und 1979 sind ein kritisch-hochaufschlussreiches Panoptikum reaktionärer Ideologiebildung und Geschichtsklitterung. Mystifizierungen des eigenen (tödlichen) Handelns  durch Passivkonstruktionen („Man war ja damals begeistert,…“), der Gebrauch von Schicksalsbildern („Wir sind in den Krieg so hineingerutscht“) und technokratischen Wahrheitsreduktionen zur Verschleierung von Menschenfeindlichkeit werden als sprachliche Mittel dieses Zwecks filmisch brillant entlarvt – durch die stete Gegenüberstellung mit den Darlegungen Ludwig Stillgers.

Der gelernte Maurer aus Remscheid, der schon früh entschiedener Kriegsgegner und in den 1920er-Jahren kommunistisch und gewerkschaftlich organisierter Arbeiter wurde, kämpfte mit den Internationalen Brigaden auf seiten der Republik, wurde später in Frankreich interniert, musste vor, während wie nach dem Krieg stets auch materiell ums Überleben kämpfen und wirkte dennoch sogleich mit bei der Kampagne gegen die Wiederbewaffnung in den 1950er-Jahren. Die ruhige, unprätentiöse und durchweg sympathische Schilderung dieses höchst bewegten Lebens im steten Engagement für eine solidarische, friedliche, menschenwürdige Welt macht auf besonders eindringliche Weise deutlich, dass es immer eine Alternative gibt und die Geschichte stets durch uns gemacht wird.

Die engagierte, aktive Bejahung und Verwirklichung positiver Zivilisationsentwicklung ist das gelingende Leben – schon jetzt. Aufklärung bezwingt die Lüge. Verzicht ist unnötig.

Die Menschheit wird klüger, indem sie aus ihrer Geschichte lernt.

Dazu gehört auch, dass der Aufstieg der NSDAP infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 hätte verhindert werden können, wenn statt der austeritätsdogmatischen Sozialkürzungspolitik Brünings gelungen wäre, in Deutschland eine massive Investitionspolitik und dynamische Ausweitung des sozialen, kulturellen und demokratischen Gemeinwesens wie bspw. den „New Deal“ in den USA durchzusetzen.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! heißt insofern auch: Nie wieder Austerität!

„Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen.“ Christa Wolf, „Kindheitsmuster“, 1976.

Hier findet ihr den Flyer auch als pdf

Details

Datum:
22. Januar 2020
Zeit:
20:00 - 23:30

Veranstaltungsort

Anna-Siemsen-Hörsaal
Von-Melle-Park 8
Hamburg, 20146 Deutschland